Abgeordnetenbestechung: Unterschied zwischen den Versionen
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+ | Deutschland machte sich ein Stadtrat nach {{StGB 108e}} bis zur Neufassung (21.02.2014 siehe unten) nur strafbar, wer er direkt seine [[Stimmenkauf|Stimme verkaufte]]. Wenn ein Stadtrat Geld annahm, um allgemein ein Unternehmen, Projekt oder Vorhaben zu unterstützen, machte er sich früher nicht strafbar. Bestechlichkeit und Korruption im Stadtrat waren also bis 2014 in weiten Bereichen nicht strafbar. Dies führte zu der seltsamen Konstellation, dass der Bundesgerichtshof als höchstes deutsches Strafgericht mit folgenden eindringlichen Worten mahnte: | ||
:"Die gesetzliche Regelung der [[Abgeordnetenbestechung]] führt nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers dazu, weite Teile von als strafwürdig empfundenen Manipulationen im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen in Volksvertretungen der Gemeinden und Gemeindeverbände straflos zu stellen. Der Senat sieht hier gesetzgeberischen Handlungsbedarf: In allen anderen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens hat das gewandelte öffentliche Verständnis einer besonderen Sozialschädlichkeit von Korruption zu einer erheblichen Ausweitung der Strafbarkeit von korruptivem Verhalten geführt<ref>insbesondere durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 BGBl I S. 2038</ref>). Diese Entwicklung ist bislang an dem Tatbestand der Abgeordnetenbestechung vorbeigegangen<ref>vgl. auch Geerds JR 1996, 309, 312; de With Kriminalistik 1997, 400</ref>. Der Straftatbestand des § 108e StGB wird deshalb vielfach als praktisch bedeutungslose "symbolische Gesetzgebung" angesehen, die mit der Überschrift nur auf den ersten Blick - und namentlich der Öffentlichkeit - vortäuscht, dass Abgeordnete unter dem Gesichtspunkt der Bestechungsdelikte den Amtsträgern wenigstens annähernd gleichgestellt wären<ref>vgl. Häger in LK 11. Aufl. § 36 Rdn. 5 und 12a; Barton NJW 1994, 1098, 1100; Tröndle/ Fischer aaO § 108e Rdn. 2</ref>. Indes zeigen gerade Fälle wie der vorliegende, dass die Tatbestandsfassung nicht ausreicht, um alle strafwürdigen korruptiven Verhaltensweisen - insbesondere auf kommunaler Ebene - zu erfassen."<ref>{{BGH 5 StR 453/05}} - Absatz 52</ref> | :"Die gesetzliche Regelung der [[Abgeordnetenbestechung]] führt nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers dazu, weite Teile von als strafwürdig empfundenen Manipulationen im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen in Volksvertretungen der Gemeinden und Gemeindeverbände straflos zu stellen. Der Senat sieht hier gesetzgeberischen Handlungsbedarf: In allen anderen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens hat das gewandelte öffentliche Verständnis einer besonderen Sozialschädlichkeit von Korruption zu einer erheblichen Ausweitung der Strafbarkeit von korruptivem Verhalten geführt<ref>insbesondere durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 BGBl I S. 2038</ref>). Diese Entwicklung ist bislang an dem Tatbestand der Abgeordnetenbestechung vorbeigegangen<ref>vgl. auch Geerds JR 1996, 309, 312; de With Kriminalistik 1997, 400</ref>. Der Straftatbestand des § 108e StGB wird deshalb vielfach als praktisch bedeutungslose "symbolische Gesetzgebung" angesehen, die mit der Überschrift nur auf den ersten Blick - und namentlich der Öffentlichkeit - vortäuscht, dass Abgeordnete unter dem Gesichtspunkt der Bestechungsdelikte den Amtsträgern wenigstens annähernd gleichgestellt wären<ref>vgl. Häger in LK 11. Aufl. § 36 Rdn. 5 und 12a; Barton NJW 1994, 1098, 1100; Tröndle/ Fischer aaO § 108e Rdn. 2</ref>. Indes zeigen gerade Fälle wie der vorliegende, dass die Tatbestandsfassung nicht ausreicht, um alle strafwürdigen korruptiven Verhaltensweisen - insbesondere auf kommunaler Ebene - zu erfassen."<ref>{{BGH 5 StR 453/05}} - Absatz 52</ref> | ||
+ | ==Neuregelung== | ||
Am 21. Februar 2014 verabschiedete der Bundestag ein Gesetz, mit dem die Abgeordnetenbestechung erstmals zu einem eigenen Straftatbestand erklärt wird. Künftig soll Abgeordnetenbestechung mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden.<ref>http://www.n-tv.de/ticker/Parlament-geht-gegen-Abgeordnetenbestechung-vor-article12322281.html 21. Februar 2014, abgerufen am 21. Februar 2014.</ref><ref>Christian Grimm: [http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/Bundestag-beschliesst-Gesetz-gegen-Abgeordnetenbestechung-3316759 Bundestag beschließt Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung]. finanzen.net, 21. Februar 2014, abgerufen am 21. Februar 2014.</ref> Das gleiche Strafmaß soll auch für Bundestags-, Landtagsabgeordnete, kommunale Ratsmitglieder sowie Abgeordnete des Europaparlamentes gelten, die sich bestechen lassen.<ref>[http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/004/1800476.pdf Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzts - Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung]. bundestag.de, 11. Februar 2014, abgerufen am 21. Februar 2014 (PDF 193 kB).</ref><ref>Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Abgeordnetenbestechung abgerufen am 25.02.2014 um 21:12 Uhr</ref> | Am 21. Februar 2014 verabschiedete der Bundestag ein Gesetz, mit dem die Abgeordnetenbestechung erstmals zu einem eigenen Straftatbestand erklärt wird. Künftig soll Abgeordnetenbestechung mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden.<ref>http://www.n-tv.de/ticker/Parlament-geht-gegen-Abgeordnetenbestechung-vor-article12322281.html 21. Februar 2014, abgerufen am 21. Februar 2014.</ref><ref>Christian Grimm: [http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/Bundestag-beschliesst-Gesetz-gegen-Abgeordnetenbestechung-3316759 Bundestag beschließt Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung]. finanzen.net, 21. Februar 2014, abgerufen am 21. Februar 2014.</ref> Das gleiche Strafmaß soll auch für Bundestags-, Landtagsabgeordnete, kommunale Ratsmitglieder sowie Abgeordnete des Europaparlamentes gelten, die sich bestechen lassen.<ref>[http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/004/1800476.pdf Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzts - Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung]. bundestag.de, 11. Februar 2014, abgerufen am 21. Februar 2014 (PDF 193 kB).</ref><ref>Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Abgeordnetenbestechung abgerufen am 25.02.2014 um 21:12 Uhr</ref> | ||
Die Neuregelung lautet: | Die Neuregelung lautet: | ||
− | § 108e Bestechlichkeit und Bestechung von Abgeordneten | + | :'''§ 108e Bestechlichkeit und Bestechung von Abgeordneten''' |
− | (1) Wer als Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. | + | :(1) Wer als Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. |
− | (2) Ebenso wird bestraft, wer einem Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für dieses Mitglied oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass es bei Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse. | + | :(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für dieses Mitglied oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass es bei Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse. |
− | (3) Den in den Absätzen 1 und 2 genannten Mitgliedern gleich stehen Mitglieder | + | :(3) Den in den Absätzen 1 und 2 genannten Mitgliedern gleich stehen Mitglieder |
− | 1. einer Volksvertretung einer kommunalen Gebietskörperschaft, | + | :1. einer Volksvertretung einer kommunalen Gebietskörperschaft, |
− | 2. der Bundesversammlung, | + | :2. der Bundesversammlung, |
− | 3. des Europäischen Parlaments, | + | :3. des Europäischen Parlaments, |
− | 4. einer parlamentarischen Versammlung einer internationalen Organisation und | + | :4. einer parlamentarischen Versammlung einer internationalen Organisation und |
− | 5. eines Gesetzgebungsorgans eines ausländischen Staates. | + | :5. eines Gesetzgebungsorgans eines ausländischen Staates. |
− | (4) Ein ungerechtfertigter Vorteil liegt insbesondere nicht vor, wenn die Annahme des Vorteils im Einklang mit den für die Rechtsstellung des Mitglieds maßgeblichen Vorschriften steht. Keinen ungerechtfertigten Vorteil stellen dar | + | :(4) Ein ungerechtfertigter Vorteil liegt insbesondere nicht vor, wenn die Annahme des Vorteils im Einklang mit den für die Rechtsstellung des Mitglieds maßgeblichen Vorschriften steht. Keinen ungerechtfertigten Vorteil stellen dar |
− | 1. ein politisches Mandat oder eine politische Funktion sowie | + | :1. ein politisches Mandat oder eine politische Funktion sowie |
− | 2. eine nach dem Parteiengesetz oder entsprechenden Gesetzen zulässige Spende. | + | :2. eine nach dem Parteiengesetz oder entsprechenden Gesetzen zulässige Spende. |
− | (5) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen. | + | :(5) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen. |
==Normen== | ==Normen== |
Version vom 25. Februar 2014, 20:30 Uhr
Bis 2014 geltende Regelung
Deutschland machte sich ein Stadtrat nach StGB § 108 e bis zur Neufassung (21.02.2014 siehe unten) nur strafbar, wer er direkt seine Stimme verkaufte. Wenn ein Stadtrat Geld annahm, um allgemein ein Unternehmen, Projekt oder Vorhaben zu unterstützen, machte er sich früher nicht strafbar. Bestechlichkeit und Korruption im Stadtrat waren also bis 2014 in weiten Bereichen nicht strafbar. Dies führte zu der seltsamen Konstellation, dass der Bundesgerichtshof als höchstes deutsches Strafgericht mit folgenden eindringlichen Worten mahnte:
- "Die gesetzliche Regelung der Abgeordnetenbestechung führt nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers dazu, weite Teile von als strafwürdig empfundenen Manipulationen im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen in Volksvertretungen der Gemeinden und Gemeindeverbände straflos zu stellen. Der Senat sieht hier gesetzgeberischen Handlungsbedarf: In allen anderen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens hat das gewandelte öffentliche Verständnis einer besonderen Sozialschädlichkeit von Korruption zu einer erheblichen Ausweitung der Strafbarkeit von korruptivem Verhalten geführt<ref>insbesondere durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 BGBl I S. 2038</ref>). Diese Entwicklung ist bislang an dem Tatbestand der Abgeordnetenbestechung vorbeigegangen<ref>vgl. auch Geerds JR 1996, 309, 312; de With Kriminalistik 1997, 400</ref>. Der Straftatbestand des § 108e StGB wird deshalb vielfach als praktisch bedeutungslose "symbolische Gesetzgebung" angesehen, die mit der Überschrift nur auf den ersten Blick - und namentlich der Öffentlichkeit - vortäuscht, dass Abgeordnete unter dem Gesichtspunkt der Bestechungsdelikte den Amtsträgern wenigstens annähernd gleichgestellt wären<ref>vgl. Häger in LK 11. Aufl. § 36 Rdn. 5 und 12a; Barton NJW 1994, 1098, 1100; Tröndle/ Fischer aaO § 108e Rdn. 2</ref>. Indes zeigen gerade Fälle wie der vorliegende, dass die Tatbestandsfassung nicht ausreicht, um alle strafwürdigen korruptiven Verhaltensweisen - insbesondere auf kommunaler Ebene - zu erfassen."<ref>BGH, Urteil vom 09.05.2006 - 5 StR 453/05 - Absatz 52</ref>
Neuregelung
Am 21. Februar 2014 verabschiedete der Bundestag ein Gesetz, mit dem die Abgeordnetenbestechung erstmals zu einem eigenen Straftatbestand erklärt wird. Künftig soll Abgeordnetenbestechung mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden.<ref>http://www.n-tv.de/ticker/Parlament-geht-gegen-Abgeordnetenbestechung-vor-article12322281.html 21. Februar 2014, abgerufen am 21. Februar 2014.</ref><ref>Christian Grimm: Bundestag beschließt Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung. finanzen.net, 21. Februar 2014, abgerufen am 21. Februar 2014.</ref> Das gleiche Strafmaß soll auch für Bundestags-, Landtagsabgeordnete, kommunale Ratsmitglieder sowie Abgeordnete des Europaparlamentes gelten, die sich bestechen lassen.<ref>Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzts - Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung. bundestag.de, 11. Februar 2014, abgerufen am 21. Februar 2014 (PDF 193 kB).</ref><ref>Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Abgeordnetenbestechung abgerufen am 25.02.2014 um 21:12 Uhr</ref>
Die Neuregelung lautet:
- § 108e Bestechlichkeit und Bestechung von Abgeordneten
- (1) Wer als Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
- (2) Ebenso wird bestraft, wer einem Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für dieses Mitglied oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass es bei Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse.
- (3) Den in den Absätzen 1 und 2 genannten Mitgliedern gleich stehen Mitglieder
- 1. einer Volksvertretung einer kommunalen Gebietskörperschaft,
- 2. der Bundesversammlung,
- 3. des Europäischen Parlaments,
- 4. einer parlamentarischen Versammlung einer internationalen Organisation und
- 5. eines Gesetzgebungsorgans eines ausländischen Staates.
- (4) Ein ungerechtfertigter Vorteil liegt insbesondere nicht vor, wenn die Annahme des Vorteils im Einklang mit den für die Rechtsstellung des Mitglieds maßgeblichen Vorschriften steht. Keinen ungerechtfertigten Vorteil stellen dar
- 1. ein politisches Mandat oder eine politische Funktion sowie
- 2. eine nach dem Parteiengesetz oder entsprechenden Gesetzen zulässige Spende.
- (5) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen.
Normen
Fußnoten
<references />