Öffentlichkeit (Gemeinderatssitzung): Unterschied zwischen den Versionen

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==Behandlung einer nichtöffentlichen Angelegenheit in öffentlicher Sitzung==
 
==Behandlung einer nichtöffentlichen Angelegenheit in öffentlicher Sitzung==
Umgekehrt kann die Behandlung einer Angelegenheit, die aufgrund des Art. 52 Abs. 2 GO in nichtöffentlicher Sitzung behandelt werden müsste, in öffentlicher Sitzung gravierende Folgen haben:
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Umgekehrt kann die Behandlung einer Angelegenheit, die aufgrund des Art. 52 Abs. 2 GO in nichtöffentlicher Sitzung behandelt werden müsste, in öffentlicher Sitzung gravierende Folgen<ref>siehe Widtmann/Graser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, verlag C.H. Beck, Art. 52 Rdnr. 15 a.E. (S. 15)</ref> haben:
  
 
*Schadensersatzansprüche aus [[Amtshaftung]], § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG
 
*Schadensersatzansprüche aus [[Amtshaftung]], § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG

Version vom 17. Juli 2013, 12:54 Uhr

Zeitpunkt und Ort der Sitzungen des Stadtrats sind unter Angabe der Tagesordnung, spätestens am dritten Tag vor der Sitzung, ortsüblich bekanntzumachen. Ausnahmen bedürfen der Genehmigung des Stadtrats. (Art. 52 Abs. 1 GO)

Die Sitzungen sind öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche einzelner entgegenstehen. Über den Ausschluß der Öffentlichkeit wird in nichtöffentlicher Sitzung beraten und entschieden. (Art. 52 Abs. 2 GO)

Die in nichtöffentlicher Sitzung gefaßten Beschlüsse sind der Öffentlichkeit bekanntzugeben, sobald die Gründe für die Geheimhaltung weggefallen sind. (Art. 52 Abs. 3 GO)

Die Sitzungen haben in einem der Allgemeinheit zugänglichen Raum stattzufinden.(Art. 52 Abs. 4 GO)

Rechtsfolgen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit

Die Voraussetzungen des Ausschlusses der Öffentlichkeit sind in der Bayerischen Gemeindeordnung relativ eng gefasst. Grundsätzlich haben die Sitzungen des Gemeinderats nach Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO öffentlich stattzufinden. Die Öffentlichkeit darf nur ausgeschlossen werden, wenn Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder berechtigte Ansprüche einzelner entgegenstehen.

Den Stadträten und ihren Fraktionen ist in Bayern selbst bei einem rechtswidrigen Beschluss zum Ausschluss der Öffentlichkeit aufgrund ihrer Verschwiegenheitspflicht weitgehend die Möglichkeit genommen, ihre Auffassung öffentlich darzustellen. Die freie Mandatsausübung wird dadurch behindert, politische Meinungsbildung, Teilhabe der Bürger an politischen Prozessen kann somit in Bayern fast vollständig vereitelt werden. Der Grundsatz der freien Mandatsausübung, dessen wesentliches Element die Befugnis ist, zu jeder Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft öffentliche Überzeugungsbildung innerhalb und außerhalb der Ratsgremien zu betreiben, wird dadurch aufgehoben. Dies kann und muss als demokratische Fehlentwicklung angesehen werden.

Ein Stadtrat hat in Bayern keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Herstellung der Öffentlichkeit, geschweige denn die Gemeindebürger<ref>Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Kommentar, BayVGH Fst. 1988, Rn. 322</ref>. Für den Bereich von Satzungen hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine Ungültigkeit eines in nicht öffentlicher Sitzung gefassten Beschlusses konstatiert<ref>BayVGH, Urteil vom 26.01.2009</ref>, das Verwaltungsgericht Bayreuth hat diese Rechtsprechung jedoch schon im Bereich einer Allgemeinverfügung nicht mehr angewendet<ref>Urteil des VG Bayreuth vom 16.02.2009</ref>. In Bayern fehlt daher im Grunde weitgehend gerichtliche Kontrolle der Öffentlichkeit und Transparenz kommunaler Entscheidungen. Einzig verbleibende Möglichkeit in Bayern ist die Anrufung der Rechtsaufsichtsbehörde (Landratsamt) nach Art. 109 BayGO. Diese ist jedoch auch eine Verwaltungsbehörde und unterliegt anderen Paradigmen als ein unabhängiges Gericht.

Die praktische Handhabung des Grundatzes der Öffentlichkeit kann unter diesen Prämissen in Bayern aus dem Ruder laufen und sich in sein Gegenteil - einen Grundatz der Intrasparenz kommunalpolitischer Entscheidungsstrukturen - verwandeln.

Dass man die Bedeutung von Transparenz und Öffentlichkeit auch anders würdigen kann, zeigt die Rechtsprechung in Nordrhein-Westfalen. Das Oberwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat in seinem Urteil vom 24.04.2001 – 15 A 3021/97 - in aller Deutlichkeit die Rechte der Stadträte, der Stadtratsfraktionen und der Gemeindebürger gestärkt:

"Nach diesem Maßstab ist die Klagebefugnis sowohl der drei klagenden Ratsfraktionen … als auch der Klägerin zu 5. zu bejahen. Die Klägerin zu 5. tritt im vorliegenden Rechtsstreit in ihrer Eigenschaft als Ratsmitglied... auf. … Der Klägerin 5. steht als Ratsmitglied ein eigenes wehrfähiges subjektives Organrecht auf Wahrung des Grundsatzes der Sitzungsöffentlichkeit … durch den Bürgermeister und durch den Rat zu. Insofern hält der Senat entgegen vielfach geübter Kritik für das nordrhein-westfälische Gemeinderecht an seiner früheren Rechtsprechung fest. … der Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit [ist] zumindest auch den Ratsmitgliedern als wehrfähiges subjektives Organrecht zugewiesen. … Belegt schon das Antragsrecht des Ratsmitglieds aus § 48 Abs. 2 Satz 3 GO NRW, dass subjektive Organrechte im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit auch Ratsmitgliedern zustehen, so kommt entscheidend hinzu, dass die Behandlung einer Angelegenheit in nichtöffentlicher Sitzung das Ratsmitglied verpflichtet, über diese Angelegenheit nach Maßgabe des § 30 Abs. 1 Satz 1 GO NRW Verschwiegenheit zu wahren. Denn als Angelegenheiten, deren Geheimhaltung im Sinn des § 30 Abs. 1 Satz 1 GO NRW vom Rat beschlossen wurde, gelten nach nahezu übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur diejenigen Angelegenheiten, die auch ohne ausdrücklichen Ratsbeschluss in nichtöffentlicher Sitzung beraten werden. ...Durch diese gleichsam automatische Einbeziehung in die Verschwiegenheitspflicht gerät jeder Ausschluss der Sitzungsöffentlichkeit notwendig in Konflikt mit dem sonst gegebenen Recht des Ratsmitglieds auf freie Mandatsausübung (§ 43 Abs. 1 GO NRW), dessen wesentliches Element die Befugnis ist, zu jeder Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft öffentliche Überzeugungsbildung innerhalb und außerhalb der Ratsgremien zu betreiben. Berät der Rat eine Angelegenheit in nichtöffentlicher Sitzung, so liegt darin zugleich eine Einschränkung des Mandatsausübungsrechts, die das Ratsmitglied nur dann hinzunehmen hat, wenn die gesetzlichen oder geschäftsordnungsrechtlichen Voraussetzungen für eine derartige Verfahrensweise gegeben sind. ... Das kann nicht die Schlussfolgerung rechtfertigen, der Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit sei ein ausschließlich objektiv-rechtlicher Rechtssatz, dessen Wahrung allein der Kommunalaufsicht obliege. Dem steht die aus der Entstehungsgeschichte zu entnehmende Zielsetzung der Vorschrift entgegen, das Interesse des Bürgers am kommunalpolitischen Geschehen und seine Bereitschaft zum kommunalpolitischen Engagement durch Schaffung von Publizität und Kontrolle der kommunalen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse zu fördern. Diese Zielsetzung legt es nahe, einen Anspruch zumindest des Bürgers auf Teilnahme an und auf Herstellung oder Beibehaltung der Öffentlichkeit von Rats- und Ausschusssitzungen anzunehmen.... Auch den klagenden Ratsfraktionen ...steht ein eigenes wehrfähiges subjektives Organrecht auf Wahrung des Grundsatzes der Sitzungsöffentlichkeit in § 48 Abs. 2 Satz 1 GO NRW durch den Bürgermeister und durch den Rat zu. Auch insoweit ergibt die systematische Auslegung der genannten Vorschrift, dass Ratsfraktionen in Bezug auf die Sitzungsöffentlichkeit mit eigenen wehrfähigen Organrechten ausgestattet sind. ... Aus § 56 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 GO NRW ergibt sich jedoch das grundsätzliche Recht der Ratsfraktionen, ihre Auffassung öffentlich darzustellen, soweit sie bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung im Rat mitwirken. ... Maßgeblich ist nur, dass die ratsinterne Öffentlichkeitsarbeit den Fraktionen durch die genannte Vorschrift als eigenes subjektives Organrecht zugewiesen ist. ...."

Das Wohl der Allgemeinheit kann auch in Bayern als Ausschlussgrund nur herangezogen werden, wenn wichtige staatliche oder gemeindliche Interessen berührt sind, so z.B. die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die öffentliche Sittlichkeit oder z.B. die Erörterung eines prozesstaktischen Vorgehens der Gemeinde. Insbesondere die Befürchtung rein politischer bzw. medienwirksamer Schäden für die Gemeinde ist auch in Bayern kein Grund die Öffentlichkeit auszuschließen:

„Der Grundsatz der Öffentlichkeit soll gerade sicherstellen, dass unterschiedliche Gesichtspunkte und auch für das Image der Gemeinde u.U. Negative Sachverhalte kontrovers vor der Öffentlichkeit diskutiert werden können. Der Wunsch, eine ruhige und harmonische Diskussion zu führen, rechtfertigt nicht den Ausschluss der Öffentlichkeit.“ (Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Kommentar, Art. 52 Rn. 11 mit Verweis auf Bauer/Böhle/Ecker, Art. 52 Rn. 11).

Und was nützt es, wenn wir zum Ergebnis kommen, dass der Ausschluss der Öffentlichkeit rechtswidrig war oder gewesen sein könnte? In Bayern aus oben dargelegten Gründen erst mal wenig. Wo Fehlverhalten nicht sanktioniert wird, wird sich Fehlverhalten wohl auf Dauer durchsetzen. Der demokratisch aufrichtige Stadtrat ist hier der Dumme - in Bayern. Auf die Stellungnahmen von Stadt und Landratsamt darf man gespannt sein.

Behandlung einer nichtöffentlichen Angelegenheit in öffentlicher Sitzung

Umgekehrt kann die Behandlung einer Angelegenheit, die aufgrund des Art. 52 Abs. 2 GO in nichtöffentlicher Sitzung behandelt werden müsste, in öffentlicher Sitzung gravierende Folgen<ref>siehe Widtmann/Graser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, verlag C.H. Beck, Art. 52 Rdnr. 15 a.E. (S. 15)</ref> haben:

Einzelfälle

Beispiele aus der Praxis der Stadt Burgkunstadt

Mutmaßliche Verstöße gegen Art. 52 BayGO

Bekanntgaben nach Art. 52 Abs. 3 BayGO

Normen

Rechtsprechung

Publikationen

Siehe auch

Fußnoten

<references />