Oberirdisches Gewässer: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 11. September 2020, 21:56 Uhr

Oberirdische Gewässer sind nach WHG § 3 Abs. 1 Nr. 1 das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser.

Einteilung der oberirdischen Gewässer

Die oberirdischen Gewässer mit Ausnahme des aus Quellen wild abfließenden Wassers werden nach ihrer wasserwirtschaftlichen Bedeutung eingeteilt in:

  1. Gewässer erster Ordnung: die Bundeswasserstraßen und die in dem anliegenden Verzeichnis (Anlage 1) aufgeführten Gewässer,
  2. Gewässer zweiter Ordnung: Gewässer, die in das nach Art. 3 aufzustellende Verzeichnis eingetragen sind,
  3. Gewässer dritter Ordnung: alle anderen Gewässer.

Gewässer erster Ordnung

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Gewässer erster Ordnung sind nach BayWG Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 die Bundeswasserstraßen und die in dem Verzeichnis (Anlage 1) Bayerisches Wassergesetz (BayWG) aufgeführten Gewässer. Der Main ist nach BayWG Art. 2 BayWG Anlage 1 Nr. 26 vom Zusammenfluss des Roten Mains und des Weißen Mains bis zur Landesgrenze zu Hessen ein Gewässer erster Ordnung.

Gewässer zweiter Ordnung

Das Staatsministerium erlässt die Verzeichnisse über die Gewässer zweiter Ordnung und die Wildbäche durch Allgemeinverfügung. (BayWG Art. 3 Abs. 1 Satz 1)

Gewässer dritter Ordnung

Gewässer dritter Ordnung sind nach BayWG Art. 2 alle anderen Gewässer, die nicht Gewässer erster oder zweiter Ordnung sind. Die Unterhaltung obliegt nach BayWG Art. 22 Abs. 1 Nr. 3 den Gemeinden als eigene Aufgabe, soweit nicht Wasser- und Bodenverbände dafür bestehen, in gemeindefreien Gebieten den Eigentümern. Soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert und die Finanzierung, insbesondere auch durch gemeindliche Vorschüsse nach Art. 42 Abs. 2 Satz 2, gesichert ist, sind nach BayWG Art. 39 Abs. 1 Nr. 1. die Träger der Unterhaltungslast nach BayWG Art. 22 Abs. 1 zum Ausbau eines Gewässers gemäß WHG § 67 Abs. 2 verpflichtet. Die Kreisverwaltungsbehörde kann nach BayWG Art. 24 Abs. 3 Satz 1 zur Sicherung der Durchführung der Unterhaltung von Gewässern dritter Ordnung Rechtsverordnungen erlassen. In der Rechtsverordnung kann den Trägern der Unterhaltungslast insbesondere vorgeschrieben werden, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt die Unterhaltung durchzuführen ist (BayWG Art. 24 Abs. 3 Satz 2).

Verzweigungen eines Gewässers

Altarme, die mit dem Gewässer bei Mittelwasserstand verbunden sind, Nebenarme, Flutmulden, Hafengewässer und ähnliche Verzweigungen eines Gewässers (ausgenommen Seitenkanäle) gehören nach BayWG Art. 2 Abs. 2 zu der Ordnung des Gewässers an der Stelle, an der das Seitengewässer vom Hauptgewässer abzweigt, soweit in Anlage 1 zu diesem Gesetz oder im Verzeichnis der Gewässer zweiter Ordnung (Art. 3) nichts anderes bestimmt ist.

Gewässerunterhaltung

Die Unterhaltung eines oberirdischen Gewässers umfasst nach WHG § 39 Abs. 1 Satz 1 seine Pflege und Entwicklung als öffentlich-rechtliche Verpflichtung (Unterhaltungslast). Zur Gewässerunterhaltung gehören nach WHG § 39 Abs. 1 Satz 2 insbesondere:

  1. die Erhaltung des Gewässerbettes, auch zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses,
  2. die Erhaltung der Ufer, insbesondere durch Erhaltung und Neuanpflanzung einer standortgerechten Ufervegetation, sowie die Freihaltung der Ufer für den Wasserabfluss,
  3. die Erhaltung der Schiffbarkeit von schiffbaren Gewässern mit Ausnahme der besonderen Zufahrten zu Häfen und Schiffsanlegestellen,
  4. die Erhaltung und Förderung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers insbesondere als Lebensraum von wild lebenden Tieren und Pflanzen,
  5. die Erhaltung des Gewässers in einem Zustand, der hinsichtlich der Abführung oder Rückhaltung von Wasser, Geschiebe, Schwebstoffen und Eis den wasserwirtschaftlichen Bedürfnissen entspricht.

Einstufung künstlicher und erheblich veränderter Gewässer

Oberirdische Gewässer können nach WHG § 28 als künstliche oder erheblich veränderte Gewässer im Sinne des WHG § 3 Nummer 4 und 5 eingestuft werden, wenn 1. die Änderungen der hydromorphologischen Merkmale, die für einen guten ökologischen Gewässerzustand erforderlich wären, signifikante nachteilige Auswirkungen hätten auf

a) die Umwelt insgesamt,
b) die Schifffahrt, einschließlich Hafenanlagen,
c) die Freizeitnutzung,
d) Zwecke der Wasserspeicherung, insbesondere zur Trinkwasserversorgung, der Stromerzeugung oder der Bewässerung,
e) die Wasserregulierung, den Hochwasserschutz oder die Landentwässerung oder
f) andere, ebenso wichtige nachhaltige Entwicklungstätigkeiten des Menschen,

2. die Ziele, die mit der Schaffung oder der Veränderung des Gewässers verfolgt werden, nicht mit anderen geeigneten Maßnahmen erreicht werden können, die wesentlich geringere nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben, technisch durchführbar und nicht mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden sind und

3. die Verwirklichung der in den §§ 27, 44 und 47 Absatz 1 festgelegten Bewirtschaftungsziele in anderen Gewässern derselben Flussgebietseinheit nicht dauerhaft ausgeschlossen oder gefährdet ist.

Normen

Rechtsprechung

Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)

  • BVerwG, Urteil vom 27. 1. 2011 – 7 C 3.10 = NVwZ 2011, 696: "Die Gewässereigenschaft entfällt für den Bereich einer unterirdischen Wasserführung nicht ohne Weiteres dann, wenn diese das Wasser von einem Gewässer in das nächste leitet; auch in diesem Fall ist nach materiellen Kriterien zu beurteilen, ob durch die Verrohrung eine Absonderung des Wassers aus dem unmittelbaren Zusammenhang des natürlichen Wasserhaushalts bewirkt wird (Abweichung vom Urteil vom 31. Oktober 1975 – BVerwG 4 C 43.73 – BVerwGE 49, 293)."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BVerwG, Beschluss vom 16.07.2003 - 7 B 61.03 = NVwZ-RR 2003, 829: "Für die Eigenschaft als oberirdisches Gewässer im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG ist es ohne Belang, ob das Gewässer formell und materiell illegal hergestellt worden ist."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BVerwG, Urteil vom 31.10.1975 - IV C 43.73: "1. In den sachlichen Anwendungsbereich des Wasserhaushaltsgesetzes fallen ausschließlich solche Gewässer, die den Merkmalen des § 1 WHG entsprechen; eine Überleitungsregelung in bezug auf die Gewässer früheren Rechts enthält das Wasserhaushaltsgesetz nicht. 2. Ein oberirdisches Gewässer verliert diese Eigenschaft nicht allein deshalb, weil es an einzelnen Stellen unterirdisch, d.h. außerhalb eines an der Erdoberfläche erkennbaren Bettes verläuft. 3. Unter solchen Voraussetzungen entfällt aber die Gewässereigenschaft für den Bereich der unterirdischen Wasserführung dann, wenn durch sie eine Absonderung des Wassers aus dem unmittelbaren Zusammenhang des natürlichen Wasserhaushalts bewirkt wird (hier entschieden für einen als Abwassersammler benutzten und insoweit vollständig verrohrten Wasserlauf)."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>
  • BVerwG, Urteil vom 10.02.1978 - IV C 25.75 = BVerwGE 55, 220: "1. Die bei einer Auskiesung durch Ausbaggerung und Freilegung des Grundwassers bewirkte Neuanlage oder erhebliche Erweiterung eines Baggersees sind jedenfalls dann im Sinne des § 31 WHG ein planfeststellungspflichtiger Gewässerausbau, wenn die oberirdische Wasserfläche auf Dauer bestehenbleiben soll. 2. In Wasserrecht ist zwischen - gemeinnützigen - Planungen zum Gewässerausbau aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit und - privatnützigen - Ausbauvorhaben im allein privaten Interesse zu unterscheiden. 3. Eine privatnützige wasserrechtliche Planfeststellung vermag Eingriffe in Rechte Dritter nicht zu rechtfertigen; sie muss außerdem versagt werden, wenn sie unter irgendeinem rechtlicher Gesichtspunkt zur Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit führen würde. 4. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist, beantwortet das Wasserhaushaltsgesetz in allein wasserwirtschaftlichem Zusammenhang; ob das Wohl der Allgemeinheit unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten - hier des Landschaftsschutzes - beeinträchtigt wird, ergibt sich aus dem jeweils für diese Gesichtspunkte einschlägigen gesetzlichen Regelungsbereich. 5. Bei Versagung der Planfeststellung nach § 31 WHG für ein privat nütziges wasserrechtliches Ausbauvorhaben darf nicht offenbleiben ob es wegen seiner Unvereinbarkeit mit zwingenden Vorschriften Wasserrechts oder anderer Rechtsbereiche eine Beeinträchtigung Wohls der Allgemeinheit im Sinne des§ 6 WHG erwarten läßt und deshalb aus Rechtsgründen nicht zugelassen werden darf oder ob von der Verwaltung auf Grund der planerischen Abwägung abgelehnt wird."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>

Oberverwaltungsgerichte

  • OVG Sachsen, Urteil vom 23.03.2017 - 5 A 241/16: "1. Zur Frage der Gewässereigenschaft eines wasserführenden Grabens, der teilweise verrohrt ist. 2. Einem Gewässer kann neben der Gewässerfunktion keine Entwässerungsfunktion zukommen (Ablehnung der sog. Zwei-Naturen-Theorie oder Zwei-Funktionen-Theorie)."<ref>Amtlicher Leitsatz</ref>

Fußnoten

<references/>