Ausschluss von Bietern: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 24. Februar 2021, 12:42 Uhr
"Unternehmen, die gegen das Umweltrecht verstoßen haben oder deren Umweltleistung in anderer Weise schwerwiegende Mängel aufweist, können ausgeschlossen werden, müssen jedoch auch Gelegenheit erhalten, Missstände zu beheben, und dürfen höchstens drei Jahre mit dieser Begründung ausgeschlossen werden."<ref>Handbuch für ein umweltorientiertes öffentliches Beschaffungswesen der Europäischen Union (Stand: Februar 2016) © Europäische Union, 2016, Nachdruck mit Quellenangabe gestattet , Seite 44</ref>
Eignungsprüfung
Der Auftraggeber überprüft die Eignung der Bewerber oder Bieter anhand von Eignungskriterien.
Informationsstelle für Vergabeausschlüsse
"Für den Bereich der bayerischen Staatsbauverwaltung wird eine verwaltungsinterne Ausschlussliste bei der Obersten Baubehörde geführt. Voraussetzung für die Eintragung ist, dass der Bieter nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, die seine Zuverlässigkeit in Frage stellt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein rechtskräftiges Urteil oder ein rechtskräftiger Strafbefehl gegen Personen, deren Verhalten dem Unternehmen zuzurechnen ist, wegen
- Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (StGB § 129),
- Geldwäsche (StGB § 261),
- Bestechung (StGB § 334),
- Vorteilsgewährung (StGB § 333),
- Erpressung (StGB § 253),
- Betrug (StGB § 263),
- Subventionsbetrug (StGB § 264),
- Kreditbetrug (StGB § 265b),
- Untreue (StGB § 266),
- Urkundenfälschung (StGB § 267),
- Fälschung technischer Aufzeichnungen (StGB § 268),
- Delikten im Zusammenhang mit Insolvenzverfahren (StGB § 283 ff.),
- wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen (StGB § 298),
- Bestechung im geschäftlichen Verkehr (StGB § 299) oder
- Baugefährdung (StGB § 319) vorliegt.
Eine eindeutige Beweislage im Ermittlungsverfahren reicht aus, wenn danach kein vernünftiger Zweifel an der Verfehlung besteht, z.B. wenn ein Geständnis vorliegt. Vor der Ausschlussverfügung ist dem betroffenen Unternehmen Gelegenheit zur Äußerung ggf. mit mündlicher Anhörung gegeben. Die nachgeordneten Behörden sowie die sonstigen mit Bauaufgaben befassten Ressorts werden von Ausschlussverfügungen unterrichtet. In der Liste werden auch Unternehmen erfasst, die bei anderen öffentlichen Auftraggebern (z.B. Kommunen) Verfehlungen begehen. Diese Auftraggeber erhalten auf Anfrage auch die in der Liste erfassten Unternehmen benannt. Die Wiederzulassung erfolgt auf Antrag oder von Amts wegen, wenn
- personelle Konsequenzen bezüglich der involvierten Personen gezogen wurden (z.B. Entlassung, Versetzung o. Ä.),
- organisatorische Maßnahmen getroffen wurden, die ein künftiges Fehlverhalten aller Voraussicht nach ausschließen (z.B. Innenrevision, Mitarbeiterverpflichtung, sonstige Maßnahmen im Rahmen eines Ethikmanagements o. Ä.),
- der durch das Verhalten der Firma entstandene finanzielle Schaden beglichen wurde (in der Regel Schadenersatz),
- eine gewisse Ausschlussdauer vergangen ist, die je nach Schwere der Verfehlung bemessen wird, in der Regel bis zu drei Jahren bei Baufirmen bzw. fünf bis zehn Jahre bei Planungsbüros, die als treuhänderischer Vertreter des öffentlichen Auftraggebers beteiligt waren.
Ein Ausschluss von Bauunternehmen erfolgt nicht, soweit eine rechtskräftige Verurteilung wegen der in Satz 3 genannten Taten länger als zwei Jahre zurückliegt.<ref>Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung (Korruptionsbekämpfungsrichtlinie - KorruR) - 7.1.7 Informationsstelle für Vergabeausschlüsse</ref>
Normen
EU
Richtlinien
Aufgehoben (außer Kraft)
- 2006/193/EG: Entscheidung der Kommission vom 1. März 2006 zur Festlegung von Regeln, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 761/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, für die Verwendung des EMAS-Zeichens für als Ausnahmefall geltende Transportverpackungen und Drittverpackungen (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 306) (Text von Bedeutung für den EWR)
- 2001/681/EG Entscheidung der Kommission vom 7. September 2001 über Leitlinien für die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 761/2001 des EuropäischenParlaments und des Rates über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einemGemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EMAS)
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
- GWB § 122 Eignung
- GWB § 124 Abs. 1 Nr. 1: Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat, ...
Vergabeverordnung (VgV)
- VgV § 46 Abs. 3 Nr. 7: Als Beleg der erforderlichen technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit des Bewerbers oder Bieters kann der öffentliche Auftraggeber je nach Art, Verwendungszweck und Menge oder Umfang der zu erbringenden Liefer- oder Dienstleistungen ausschließlich die Vorlage von einer oder mehreren der folgenden Unterlagen verlangen: ... 7. Angabe der Umweltmanagementmaßnahmen, die das Unternehmen während der Auftragsausführung anwendet, ...
- VgV § 49 Abs. 2: Verlangt der öffentliche Auftraggeber als Beleg dafür, dass Bewerber oder Bieter bestimmte Systeme oder Normen des Umweltmanagements erfüllen, die Vorlage von Bescheinigungen unabhängiger Stellen, so bezieht sich der öffentliche Auftraggeber
- entweder auf das Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung EMAS der Europäischen Union oder
- auf andere nach Artikel 45 der Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 über die freiwillige Teilnahme von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 761/2001, sowie der Beschlüsse der Kommission 2001/681/EG und 2006/193/EG (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 1) anerkannte Umweltmanagementsysteme oder
- auf andere Normen für das Umweltmanagement, die auf den einschlägigen europäischen oder internationalen Normen beruhen und von akkreditierten Stellen zertifiziert sind.
Rechtsprechung
Oberlandesgerichte
- OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7.5.2014 - VII-Verg 46/13 = ZfBR 2014, 785, IBR 2014, 566: "Allerdings ist dem öffentlichen Auftraggeber verwehrt, bei zusätzlichen Anforderungen gemäß § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB im Vergabeverfahren in der Art von Eignungsbelegen von Bietern zum Beispiel Nachweise darüber zu verlangen, dass ihr Unternehmen vor Erteilung des Zuschlags bereits über die erforderliche Anzahl umweltfreundlicher Abschleppfahrzeuge verfügt. Als eine durch einen Nachweis (z.B. durch eine Fotokopie des Fahrzeugscheins) mit dem Angebot oder sonst im Vergabeverfahren zu belegende Eignungsanforderung wäre dies unangemessen (vgl. Art. 58 Abs. 1 Satz 4 Richtlinie 2014/24), weil die für die Ausführung des Vertrags erforderliche technische Ausrüstung den Bietern nicht schon im Vergabeverfahren, sondern erst bei Beginn der Auftragsausführung zur Verfügung stehen muss.
- Hat der öffentliche Auftraggeber zum Beispiel umweltbezogene Anforderungen für die Ausführung gestellt, können Nachweise bezüglich einer voraussichtlichen Erfüllung solcher Anforderungen indes bereits im rechtlichen Ansatz von ihm nicht gefordert werden. Der Auftraggeber ist darauf beschränkt, von den Bietern entsprechende (ggf. verbindliche) Verpflichtungserklärungen des Inhalts zu verlangen, dass sie die an die Ausführung gerichteten zusätzlichen Anforderungen im Fall eines Zuschlags einhalten werden. Zwar weist Erwägungsgrund 40 der Richtlinie 2014/24 darauf hin, dass die Überprüfung der Einhaltung dieser umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Bestimmungen in den relevanten Phasen des Vergabeverfahrens erfolgen (sollte), also bei Anwendung der allgemeinen Grundsätze für die Auswahl der Teilnehmer und die Auftragsvergabe, bei der Anwendung der Ausschlusskriterien und bei der Anwendung der Bestimmungen bezüglich ungewöhnlich niedriger Angebote. Die zu diesem Zweck erforderliche Überprüfung sollte im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen dieser Richtlinie, insbesondere der Bestimmungen zu Nachweisen und Eigenerklärungen, durchgeführt werden.
- Doch sehen die Vorschriften der Richtlinie 2014/24 (einschließlich der Erwägungsgründe 40 und 97 bis 99, genauso die Vorschriften der Richtlinie 2004/18 oder § 97 Abs. 4 GWB), mit denen übereinstimmend eine Überprüfung allein stattfinden kann, nicht vor, dass der öffentliche Auftraggeber zum Beleg für die Einhaltung von zusätzlichen Anforderungen (Bedingungen) an die Ausführung im Vergabeverfahren - wie bei Eignungskriterien - von Bietern die Vorlage von Erklärungen oder Nachweisen verlangen darf. Das deutsche und das unionsrechtliche Vergaberecht lassen eine präventive Kontrolle durch den Auftraggeber darüber, ob Bieter zusätzliche Anforderungen an die Ausführung einhalten können oder dies wahrscheinlich tun werden, nicht zu. Dies verbietet sich auch deshalb, weil zusätzliche Anforderungen nicht betriebs- oder unternehmensbezogen sind, sondern allein die Auftragsausführung betreffen. Demzufolge kann der Auftraggeber die Einhaltung zusätzlicher Anforderungen lediglich bei der Auftragsausführung überprüfen - wobei er gut beraten ist, im Liefer- oder Leistungsvertrag ein praktikables Instrumentarium, das Verstöße effektiv ahnden lässt, vorzusehen (wie vorstehend auch Ziekow in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 97 GWB Rn. 144).
- Im Ergebnis kann die Antragsgegnerin zum Beleg der Einhaltung von Umweltanforderungen bei der Ausführung im Vergabeverfahren von Bietern nicht die Vorlage von Fotokopien der Fahrzeugscheine oder von Ausnahmegenehmigungen fordern.
- Auch die an die Ausführung gestellte Anforderung, wonach Bieter über eine bestimmte, für erforderlich gehaltene Zahl von Abschleppfahrzeugen zu verfügen haben, ist von ihnen im Vergabeverfahren durch eine Erklärung oder einen Nachweis nicht zu belegen gewesen."<ref>Abs. 42 ff.</ref>
Vergabekammern
- VK Westfalen, Beschluss vom 01.08.2018 - VK 1-24/18: "Eignungskriterien können nicht als Zuschlagskriterien gefordert werden. Damit verstößt die Auftraggeberin gegen den vergaberechtlichen Grundsatz, dass Eignungs- und Zuschlagskriterien nicht miteinander vermengt werden dürfen."<ref>Amtlicher Leitsatz 2</ref>
Publikationen
Handbücher
- Handbuch für ein umweltorientiertes öffentliches Beschaffungswesen der Europäischen Union (Stand: Februar 2016) © Europäische Union, 2016, Nachdruck mit Quellenangabe gestattet - Kapitel 4 – Auswahl und Ausschluss von Bietern (Seite 44 ff.)
Kommentare
- Jan Ziekow /Uwe-Carsten Völlink, Vergaberecht, 4., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. 2020, Verlag C.H. Beck, München, ISBN 9783406747113 § 97 Rn. 68, § 122 Rn. 33 ff.
Fachartikel
- Opitz, Das Legislativpaket: Die neuen Regelungen zur Berücksichtigung umwelt- und sozialpolitischer Belange bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, VergabeR 2004, 421 ff.
Siehe auch
Fußnoten
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