Enteignung

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Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen. (GG Art. 14 Abs. 3)

Begriff

"Mit der Enteignung greift der Staat auf das Eigentum des Einzelnen zu. Sie ist auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter subjektiver, durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteter Rechtspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben gerichtet<ref>vgl. BVerfGE 101, 239 [259]; 102, 1 [15 f.]; stRspr</ref>. Die Enteignung setzt den Entzug konkreter Rechtspositionen voraus, aber nicht jeder Entzug ist eine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG. Diese ist beschränkt auf solche Fälle, in denen Güter hoheitlich beschafft werden, mit denen ein konkretes, der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienendes Vorhaben durchgeführt werden soll<ref>vgl. BVerfGE 38, 175 [179 f.]</ref>. Ist mit dem Entzug bestehender Rechtspositionen der Ausgleich privater Interessen beabsichtigt, kann es sich nur um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums handeln<ref>vgl. dazu BVerfGE 101, 239 [259]</ref>."<ref>BVerfG, Beschluss vom 22.05.2001 - 1 BvR 1512/97, 1 BvR 1677/97 Abs. 30</ref>

Arten

"Bei der Prüfung der Regelung am Maßstab des Grundgesetzes ist davon auszugehen, daß der Gesetzgeber im Rahmen des Art. 14 GG in dreifacher Weise eigentumsrechtlich relevante Vorschriften erlassen kann."<ref>BVerfG, Beschluss vom 15.07.1981 - 1 BvL 77/78 Abs. 143</ref>

Abgrenzung zur Inhalts- und Schrankenbestimmung

"Das Eigentum als Zuordnung eines Rechtsgutes an einen Rechtsträger bedarf, um im Rechtsleben praktikabel zu sein, notwendigerweise der rechtlichen Ausformung. Demgemäß ist das Grundgesetz in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dem Gesetzgeber die Aufgabe übertragen, den Inhalt und die Schranken des Eigentums zu bestimmen. Solche Normen legen generell und abstrakt die Rechte und Pflichten des Eigentümers fest, bestimmen also den "Inhalt" des Eigentums<ref>BVerfGE 52, 1 [27]</ref>. Der Gesetzgeber schafft damit auf der Ebene des objektiven Rechts diejenigen Rechtssätze, die die Rechtsstellung des Eigentümers begründen und ausformen; sie können privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Natur sein."<ref>BVerfG, Beschluss vom 15.07.1981 - 1 BvL 77/78 Abs. 144</ref>

Legalenteignung

"Weiter hat der Gesetzgeber nach Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG die Möglichkeit, durch Gesetz einem bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis konkrete Eigentumsrechte zu entziehen, die aufgrund der allgemein geltenden Gesetze im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG rechtmäßig erworben worden sind<ref>Legalenteignung - BVerfGE 24, 367 [395 f.]; 45, 297 [325 f.]; 52, 1 [27]</ref>".<ref>BVerfG, Beschluss vom 15.07.1981 - 1 BvL 77/78 Abs. 145</ref>

Administrativenteignung

"Schließlich kann der Gesetzgeber - ebenfalls nach Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG - der Exekutive die Ermächtigung erteilen, konkretes Eigentum Einzelner zu entziehen. Die Enteignung aufgrund Gesetzes (Administrativenteignung) erfordert einen behördlichen Vollzugsakt, der - anders als die Legalenteignung - mit Rechtsmitteln angefochten werden kann."<ref>BVerfG, Beschluss vom 15.07.1981 - 1 BvL 77/78 Abs. 146</ref>

Zulässigkeitsanforderungen

"Die hiernach in Betracht kommenden verschiedenartigen eigentumsrechtlichen Regelungen sind nach der Verfassung unterschiedlichen Zulässigkeitsanforderungen unterworfen. Das gilt nicht nur im Verhältnis von Inhaltsbestimmung und Enteignung. Auch die beiden Formen der Enteignung sind im Hinblick auf die grundrechtliche Gewährleistung eines umfassenden und effektiven Rechtsschutzes nicht beliebig austauschbar<ref>BVerfGE 24, 367 [401]; 45, 297 [331, 333]</ref>. Darüber hinaus sind ihre Auswirkungen nicht identisch, weil der Rechtsentzug zu verschiedenen Zeitpunkten eintritt<ref>vgl. BVerfGE 45, 297 [326]</ref>".<ref>BVerfG, Beschluss vom 15.07.1981 - 1 BvL 77/78 Abs. 147</ref>

Vorrang der Anfechtung des Verwaltungsaktes

"Die Eigentumsgarantie schützt den konkreten Bestand in der Hand des einzelnen Eigentümers<ref>BVerfGE 24, 367 [400]; 38, 175 [181, 184 f.]</ref>. Dieser braucht eine Entziehung seiner verfassungsrechtlich geschützten Rechtsstellung nur hinzunehmen, wenn der Eingriff in jeder Hinsicht den in Art. 14 Abs. 3 GG normierten Voraussetzungen entspricht. In einem solchen Fall tritt an die Stelle der Bestandsgarantie eine Wertgarantie, die sich auf Gewährung einer vom Gesetzgeber dem Grunde nach zu bestimmenden Entschädigung richtet<ref>BVerwGE 24, 367 [397]; 46, 268 [285]</ref>. Dagegen ist die vom Grundgesetz vorgesehene Folge einer verfassungswidrigen "Enteignung" die Aufhebung des Eingriffsaktes<ref>BVerfGE 56, 249 [266]</ref>.

Mit der Eröffnung des Rechtswegs zu den Verwaltungsgerichten hat das Grundgesetz dem von einer solchen Maßnahme Betroffenen mithin die Möglichkeit gegeben, den Verwaltungsakt selbst zu Fall zu bringen, wenn das zugrunde liegende Gesetz wegen Fehlens einer Entschädigungsregelung oder auch aus anderem Grund nichtig ist<ref>vgl. BVerfGE 45, 297 [342 ff.]</ref>. Dabei steht ihm als letztes Mittel die Verfassungsbeschwerde zur Verfügung, wenn die Verwaltungsgerichte sich seinem Vortrag, es handele sich um eine verfassungswidrige Enteignungsnorm, nicht anschließen<ref>vgl. z.B. BVerfGE 45, 297 [346]; 53, 336 [349]</ref>.

b) Für die Entscheidungskompetenz der ordentlichen Gerichte in Verfahren nach Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG ergeben sich aus dieser Rechtslage folgende Konsequenzen: Sieht der Bürger in der gegen ihn gerichteten Maßnahme eine Enteignung, so kann er eine Entschädigung nur einklagen, wenn hierfür eine gesetzliche Anspruchsgrundlage vorhanden ist. Fehlt sie, so muß er sich bei den Verwaltungsgerichten um die Aufhebung des Eingriffsaktes bemühen. Er kann aber nicht unter Verzicht auf die Anfechtung eine ihm vom Gesetz nicht zugebilligte Entschädigung beanspruchen; mangels gesetzlicher Grundlage können die Gerichte auch keine Entschädigung zusprechen.

Der Betroffene hat hiernach kein Wahlrecht, ob er sich gegen eine wegen Fehlens der gesetzlichen Entschädigungsregelung rechtswidrige "Enteignung" zur Wehr setzen oder unmittelbar eine Entschädigung verlangen will. Läßt er den Eingriffsakt unanfechtbar werden, so verfällt seine Entschädigungsklage der Abweisung. Wer von den ihm durch das Grundgesetz eingeräumten Möglichkeiten, sein Recht auf Herstellung des verfassungsmäßigen Zustandes zu wahren, keinen Gebrauch macht, kann wegen eines etwaigen, von ihm selbst herbeigeführten Rechtsverlustes nicht anschließend von der öffentlichen Hand Geldersatz verlangen.

Die Verweisung auf die Anfechtung des Verwaltungsaktes stellt für den Betroffenen keine unzumutbare Belastung dar. Die Entscheidung, diesen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, ist nicht schwieriger zu treffen als die, eine Entschädigung einzuklagen. Sie setzt lediglich die Feststellung voraus, ob das Gesetz eine Entschädigung vorsieht."<ref>BVerfG, Beschluss vom 15.07.1981 - 1 BvL 77/78 Abs. 118 ff.</ref>

Normen

Rechtsprechung

Bundesverfassungsgericht (BVerfG)

Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)

Publikationen

Siehe auch

Fußnoten

<references/>