Freund Sansibar
Freund Sansibar ist der Titel eines im Jahr 1938 erschienenen antisemitischen Romans der Autorin Kunigunde Eggert alias Kuni Tremel-Eggert. Der Roman zählt zur "Blut-und-Boden-Literatur" ("Blubo-Literatur")<ref>Siehe auch den Wikipediaeintrag zur Blut-und-Boden-Ideologie</ref>.
Die Rahmenhandlung fasst Bettina Weber in "Dichter für das 'Dritte Reich'"<ref>Rolf Düsterberg (Hrsg.), Dichter für das "Dritte Reich", Band 3, Biografische Studien zum Verhältnis von Literatur und Ideologie, ISBN 9783849810795</ref> wie folgt zusammen:
„Der junge Pankratz Ott kehrt nach Ende des Weltkrieges in seine Heimat im Frankenjura zurück, wo er […] zunächst ein mehr oder weniger trauriges Dasein fristet. Doch eines Tages bekommt er Besuch von seinem alten Jugendfreund Titus Pfautsch, genannt Sansibar. Dieser hat sich den Nationalsozialisten angeschlossen und versucht überall im Land Menschen dafür zu gewinnen. Schließlich gelingt es ihm, immer mehr Dorfbewohner von der Sache des ,Führers’ zu überzeugen – darunter auch Pankratz.“<ref>* Bettina Weber, Kuni Tremel-Eggert - die katholische Antisemitin, in: Rolf Düsterberg (Hrsg.), Dichter für das "Dritte Reich", Band 3, Biografische Studien zum Verhältnis von Literatur und Ideologie, ISBN 9783849810795, S. 258f.; zitiert nach Seite „Kuni Tremel-Eggert“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 2. Oktober 2016, 10:25 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Kuni_Tremel-Eggert&oldid=158394060 (Abgerufen: 28. Oktober 2016, 21:09 UTC) </ref>
"Romanheld" ist der mit allen positiven Charaktereigenschaften ausgestattete "Freund Sansibar". Dem gegenüber stehen einerseits die „ahnungslosen“<ref>Siehe Spruch der Spruchkammer Hauptkammer München vom 7.12.1949, Staatsarchiv München SpKa. Karton 339, Blatt 47, 48</ref> Bauern, andererseits die Romanfigur des jüdischen Viehhändlers Ignaz, dem alles menschlich Negative und Minderwertige zugeschrieben wird<ref>Siehe Spruch der Spruchkammer Hauptkammer München vom 7.12.1949, Staatsarchiv München SpKa. Karton 339, Blatt 47, 48</ref> . Dieser wird als Vampir der Landbevölkerung bezeichnet, der nur das eine als seinen Lebensinhalt betrachtet, das Volk auszusagen und im Trüben zu fischen. In dem Roman wird "der Jude" weiterhin als erbärmlicher Feigling und heimtückischer Mensch geschildert.<ref>Siehe Spruch der Spruchkammer Hauptkammer München vom 7.12.1949, Staatsarchiv München SpKa. Karton 339, Blatt 47, 48</ref>
Bibliographische Angaben
Autorin: Autor::Kuni Tremel-Eggert
Verlag: Verlag::Franz-Eher-Verlag
Erscheinungsjahr: Erscheinungsjahr::1938 (Das Jahr 1938 war für die Juden in Deutschland "besonders verhängnisvoll und leidvoll"<ref>Siehe auch den Spruch der Spruchkammer Hauptkammer München vom 7.12.1949, Seite 2, Staatsarchiv München SpKa. Karton 339, Blatt 47 ff. sowie https://de.wikipedia.org/wiki/1938#Innenpolitik_und_Judenverfolgung)</ref>, Stichwort "Novemberpogrome 1938". Dies ist im Zusammenhang mit der Tatsache zu sehen, dass sich Kunigunde Eggert noch Mitte 1944 uneingeschränkt zu Nationalsozialismus und ihrem Roman "Freund Sansibar" bekannte.)
Auflagen: 1. Auflage 1-20. Tausend (1938), 2. Auflage 21.-40. Tausend (1939), 3. Auflage 41.-55.000, 4. Auflage 56.-65.000<ref>Berufungskammer für München, Der Berufungshauptkläger, Berufungsschrift vom 26.05.1948, Seite 1, Staatsarchiv München, SpKa. Karton 339 Bl. 33</ref>
Entstehungsgeschichte
Der Roman ist ursprünglich im Jahre 1932 als harmloser Bauernroman unter dem Namen „Die Bäuerin kutschiert“ erschienen und in mehreren Tageszeitungen veröffentlicht worden. Die Autorin hat den Roman dann 1937/1938 umgearbeitet im Sinne der Verherrlichung der Naziherrschaft.<ref>Berufungskammer für München, Der Berufungshauptkläger, Berufungsschrift vom 26.05.1948, Seite 1, Staatsarchiv München, SpKa. Karton 339 Bl. 33</ref>
Zitate
In dem Roman "Freund Sansibar" finden sich insbesondere folgende Passagen u.a. rassistischen und antisemitisch-hetzerischen Inhalts, die zugleich indizieren, dass sich Kunigunde Eggert als "gelenkte" Propagandautorin aktiv in den Dienst des Nationalsozialismus stellte<ref>vgl.- auch Spruch der Spruchkammer Hauptkammer München vom 7.12.1949, Staatsarchiv München SpKa. Karton 339, Blatt 47, 48</ref>:
"Nein-sie wollen nach Sansibar, ... denn dort sei der Boden gleich metertief und speckfett. Man braucht ihn nur aufschlitzen und zu säen, wachsen tut‘s bei den Klima allein. „Aber die Neger sind ja sogar dazu noch zu faul“, weiß der Titus zu erzählen." (Seite 11)
"...Langsam zerkrümelt der alte Knecht die Zigarre, die er sich eben angezündet hat zwischen seinen hornharten Händen und spürt nicht das Brennen ihrer Glut: "Saujud - elendiger. Bauernwürger!" ..." (Seite 130)
"...Daß solche Art dem Juden paßt, ist klar. ...Eine halbe Stunde später wirft er weitbogig etwas in die Mistjauche und spuckt hintendrein. ... "Was hast denn vorhin so in die Mistlache gefeuert?" ... "Etwas von einem Juden!" ... "Marke Selbstmord? Ich kenn' sie. Wenn du vorne anziehst, reißt es dir hinten das Hemd hinein." (Seite 131)
" ...'... Erst wenn das alles von Grund auf neu aufgebaut, gesäubert ist, hat auch das alles hier wieder einen Sinn.'" (Seite 231)
"'Dein Vater war ein Schlächter -- Schächter --, das ist dasselbe - ... Daher hast Du Deinen Namen und die Art, zu der du gehörst, nennt man jetzt Güterschlächter! Ignaz!..." (Seite 285)
"Nach Sansibar? Vielleicht auch nach Sansibar. Warum nicht? Mehr Verräter und Feinde als in Deutschland können dort auch nicht sein. ... Und Ostafrika haben sie uns jetzt auch noch gestohlen. So ist man also als Deutscher überall rechtlos in der Welt..." (Seite 301)
`"'Weil ihr Juden ihnen die Schuhe ausgezogen habt.' ..." (Seite 329)
"...Wie zappelt er mit den Armen und Beinen, ... wenn der Jud am Schnürchen zieht. ... --- Du --- Bauernwürger, du Schwindelkerl, du Güterschlächter, du --- Unglück der Menschheit."" (Seite 330/331)
"... Ist das Ende der Welt gekommen? Ist nach der Erkenntnis, die große, sich dagegen aufbäumende Vernichtung selbst unterwegs? Sie herrscht seit Anbeginn! Naturgewalten! Ist nicht auch der Schächtersignaz eine? Ja - eine böse, zerfetzende! ..." (Seite 339)
"... Was aber sagt da der Sansibar? ... Wer ist der Angeklagte: Er und die mit ihm sind? Nein, der Ignaz ist es, dessen Schuld- und Sündenregister er aufblättert, unbeirrt, Seite um Seite, scharf, fein und ohne Angriffsfläche. Da legt sich vor den weitaufgerissenen Augen und Ohren der zufriedenen Drossenfelder ... eine Eiterbeule im Volkskörper bloß, aus der quillt alles Unglück, alles Elend, aller Jammer, Not, Tod und Krieg." ... (Seite 423)
"... "Platz für uns!" ... Da ist ein Etwas, das ein reiner Mensch, den sie Führer nennen, seinem Volke schenkt. Das aber kann nicht Stahl und Eisen, nicht Pulver noch Blei, nicht Gift und Gas, weder Haß noch Neid, noch Lüge und Verleumdung mehr aufhalten, denn es ist gottgewollt und also stärker als alles, was der Haß gebar, die Erde trägt." (Seite 433)
"... Der Lärm, von den andern gewollt und vollführt, hatte uns alle betäubt. Wir waren ohne Selbstkritik geworden und wir kannten uns selber nicht mehr. Nun sind die Mäuler der Schreier gestopft, aus der Stille aber klingt das deutsche Lied, das deutsche Wort, wächst unser großes Glücklichsein." (Seite 459)
„... denn--diese Elemente, die das Böse an sich verkörpern-können, weil unehrlich und unsolid nur im Trüben fischen.“ (Seite 463/464)
"...„... Er [Ignaz] hat nie zu euch gehört. Immer stand er allein. Oder hat er sich vielleicht um euch gesorgt? ... Er ist reich geworden von eurem Schweiß. Das wisst ihr alle, genauso wie ich; trotzdem, ich weiß es nur zu gut, wagt es noch immer der und jener, zu behaupten: „Es war gut handeln mit dem Juden.“ Wohl, er verstand es, strich euch um den Bart, bis --- es Zeit war zum Zudrosseln. Sag mir, wie viele Bauernhöfe sind denn mithilfe seiner Hand zerfallen? Sind zwangsversteigert, zertrümmert worden? Ihr alle ward verstrickt in seine Geschäfte, und wenn er an der Schnur zog, tanztet ihr wie die Hampelmänner...." (Seite 465)
„... Dann erseh ich mir erst die Größe des Umschwung. Bedenkt nur, bedenkt. Ein Schmarrn war dagegen unser Leben vorher.“ (Seite 493)
„... Aber eines Tages ist es da, das Fräulein aus der Stadt. Weiß Gott, leicht hat sie es nicht. Unverständnis, Widerstand, Misstrauen, Schmutz. Aber alles geht sie an mit ihrem Lachen, ihrem Lied, ihrem großen jungen Glauben an ihre, gerade ihre Sendung, die heilig ist wie nur eine." (Seite 493/494)
„... Jung ist es und drängend und sagt uns, dass wir dazu gehören zum großen Ganzen. Das aber wollen wir, denn wo ist der, der heute noch abseits stehen möchte?“ (Seite 499)
"...Viele Völker hat die Erde, aber - ein Volk nur ist bisher neu und völlig anders als alle übrigen in seinem Denken und Handeln geworden. Nach furchtbaren Jahren bittersten Erlebens ging es siegreich aus diesem Kriegserbe hervor: das geeinte deutsche Volk! Deutschland! ..." (Seite 505/506)
"Das Erkennen des wirklichen Übels ist sein größter Gewinn und dadurch hat dasselbe Volk, das den Krieg verloren hat, sich - und so die Menschheit - gewonnen. ... Und sie [die Gesamtwirtschaft] war krank in deutschen Landen, weil hier der, der das Primitivste erzeugt, in ihm aber den Urstoff allen Seins, krank war. Todkrank und vor dem Niederbruch stand der Deutsche Bauer. ... Wer aber diesen natürlichen Kreislauf stört,... stört die Ruhe, den Frieden der Welt. Er versündigt sich gegen das Leben selbst, gleichviel, ob er aufkauft und zurückhält, um den Gewinn zu häufen für sich allein, oder ob er es als sitzender verschleudert... Er hüte sich! So seine Hände nicht rein sind bei seinem Tun, erreicht ihn die Rache noch auf dieser Welt." (Seite 506)
Noch Mitte 1942 äußerte sich Eggert in einem Artikel des Großdeutschen Leihbüchereiblatts als überzeugte und begeisterte Verehrerin und Mitgestalterin des Nationalsozialismus<ref>Kuni Tremel Eggert erzählt vom Werden und Schaffen. In: Großdeutsches Leihbüchereiblatt. Mitteilungsblatt der Reichsschrifttumskammer für den deutschen Leihbuchhandel 4 (1942) Heft 11, Seite 165, 166</ref>:
"Immer wieder finde ich mich selbst mitten darin, in all dem Geschehen fühle ich in mir die heilige Verpflichtung, zu gestalten, was ich erlebe, mit meinem Wort, in der Art, die mir gegeben ist. Unbeschreiblich ist oft meine Begeisterung und ich spüre die Größe und den genialen Schwung aller Geschehnisse in einer solchen Beglückung, daß es mich ganz von selbst an den Schreibtisch treibt, um festzuhalten, was sich halten läßt, nichts zu verlieren, es weiterzugeben, denen zuerst, die es miterleben und noch mehr denen, die nach uns kommen werden."<ref>Kuni Tremel Eggert erzählt vom Werden und Schaffen. In: Großdeutsches Leihbüchereiblatt. Mitteilungsblatt der Reichsschrifttumskammer für den deutschen Leihbuchhandel 4 (1942) Heft 11, Seite 165, 166</ref>
Zu ihrem Roman "Freund Sansibar führt sie ebenda aus:
"So ist mir nun wieder eine große neue Arbeit geworden. „Freund Sansibar", ein Roman aus unseren Tagen. Es ist ein Roman der deutschen Sehnsucht, des deutschen Kampfes und seiner, mitten aus unserem Volke erwachsenen Erfüllung. Er versucht, bäuerisch-ländliches Geschehen im Banne dieser Zeit festzuhalten, und wählte sich eine Handvoll Männer aus der großen Masse zu seinen Helden. Sie tragen die Fahne des Sieges, lassen sie aus ihrem Glauben emporwachsen ins Licht, — allen Hindernissen zum Trotz. Ich versuche auch hier, wie in der „Barb" immer wieder, den Leser zum Mitgestalten anzuregen und aus dem Kleinen und Kleinsten und anscheinend Nebensächlichen die Schlaglichter auf das große Ganze einzustellen, in der Sprache, die das Volk spricht, in der Art, wie es fühlt<ref>Siehe hierzu auch Seite 499 des "Freund Sansibar":
"Er kennt sie, jeden einzelnen, der Sansibar, und er redet mit Ihnen in ihrer Sprache."
</ref>. So hoffe ich, meine Pflicht zu tun ...."<ref>Kuni Tremel Eggert erzählt vom Werden und Schaffen. In: Großdeutsches Leihbüchereiblatt. Mitteilungsblatt der Reichsschrifttumskammer für den deutschen Leihbuchhandel 4 (1942) Heft 11, Seite 165, 166</ref>
Publikationen
Kunigunde Eggert
- Kuni Tremel Eggert erzählt vom Werden und Schaffen. In: Großdeutsches Leihbüchereiblatt. Mitteilungsblatt der Reichsschrifttumskammer für den deutschen Leihbuchhandel 4 (1942) Heft 11, Seite 165 f., 166
Verlagsanzeigen
- Nationalsozialistische Monatshefte Nr. 107, Februar 1939: "Die Dichterin lässt in diesem Roman die Welt des ostfränkischen Bauern in einem Freskogemälde, das Kraft und Saft besitzt, vor uns entstehen. Die Farben, mit denen sie malt, sind echt, ihre Wirkung bezwingend. Der Mensch und seine Umwelt sind in einer gesunden derben Realistik geschildert, die dennoch irgendwie ins Dichterische gehoben ist"<ref>Zitiert nach https://www.abebooks.de/servlet/SearchResults?sortby=17&sts=t&tn=Freund+Sansibar&x=64&y=14 - abgerufen am 31.10.2016 um 23:32 Uhr</ref>
Wikipedia
- Novemberrevolution 1918/19 ("die Revolution")
- Weimarer Republik 1918-1933 (von den Nationalsozialisten "das System" genannt)
- Novemberpogrome 1938
Fachaufsätze
- Bettina Weber, Kuni Tremel-Eggert - die katholische Antisemitin, in: Rolf Düsterberg (Hrsg.), Dichter für das "Dritte Reich", Band 3, Biografische Studien zum Verhältnis von Literatur und Ideologie, ISBN 9783849810795, Seiten 243-275, 258f.
- Alexander Ritter, Zur Causa Andersch: Symptome einer verschwiegenen Adaption
BLOGs
Siehe auch
Fußnoten
<references/>