Freund Sansibar: Unterschied zwischen den Versionen
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<blockquote>"konnte das national nicht gebundene, intereuropäische jüdische Element nur Gegenstand allgemeinen Hasses werden wegen seines nutzlosen Reichtums und Gegenstand allgemeiner Verachtung wegen seiner offenbaren Machtlosigkeit."<ref>{{ISBN 9783492210324}}, S. 56/57 oben</ref></blockquote> | <blockquote>"konnte das national nicht gebundene, intereuropäische jüdische Element nur Gegenstand allgemeinen Hasses werden wegen seines nutzlosen Reichtums und Gegenstand allgemeiner Verachtung wegen seiner offenbaren Machtlosigkeit."<ref>{{ISBN 9783492210324}}, S. 56/57 oben</ref></blockquote> | ||
− | Der Roman ''Freund Sansibar'' wurde von [[Kunigunde Eggert]] 1937/1938 in einem Zeitpunkt umgearbeitet, als der [[Antisemitismus]] die totalitäre Bewegung der Nationalsozialisten bereits entfesselt hatte. ''Hannah Arendt'' sieht jedoch den Zeitraum, in den | + | Der Roman ''Freund Sansibar'' wurde von [[Kunigunde Eggert]] 1937/1938 in einem Zeitpunkt umgearbeitet, als der [[Antisemitismus]] die totalitäre Bewegung der Nationalsozialisten bereits entfesselt hatte. ''Hannah Arendt'' sieht jedoch den Zeitraum nach dem Ersten Weltkrieg, in den Kunigunde Eggert die Handlung des Romans ''Freund Sansibar'' (zurück) legt, als den Zeitraum an, in dem man sich <blockquote>"nach den Ursprüngen des Antiseitismus und den Elementen umsehen [müsse], die ihn schließlich für die Entfesselung einer totalitären Bewegung geeignet erscheinen ließen."<ref>{{ISBN 9783492210324}}, S. 57 oben</ref></blockquote> |
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Version vom 10. Februar 2017, 23:30 Uhr
Freund Sansibar ist der Titel eines im Jahr 1938 erschienenen antisemitischen Romans der Autorin Kunigunde Eggert alias Kuni Tremel-Eggert. Der Roman zählt zur "Blut-und-Boden-Literatur" ("Blubo-Literatur")<ref>Siehe auch den Wikipediaeintrag zur Blut-und-Boden-Ideologie</ref>.
Die Rahmenhandlung fasst Bettina Weber in "Dichter für das 'Dritte Reich'"<ref>Rolf Düsterberg (Hrsg.), Dichter für das "Dritte Reich", Band 3, Biografische Studien zum Verhältnis von Literatur und Ideologie, ISBN 9783849810795</ref> wie folgt zusammen:
„Der junge Pankratz Ott kehrt nach Ende des Weltkrieges in seine Heimat im Frankenjura zurück, wo er […] zunächst ein mehr oder weniger trauriges Dasein fristet. Doch eines Tages bekommt er Besuch von seinem alten Jugendfreund Titus Pfautsch, genannt Sansibar. Dieser hat sich den Nationalsozialisten angeschlossen und versucht überall im Land Menschen dafür zu gewinnen. Schließlich gelingt es ihm, immer mehr Dorfbewohner von der Sache des ,Führers’ zu überzeugen – darunter auch Pankratz.“<ref>* Bettina Weber, Kuni Tremel-Eggert - die katholische Antisemitin, in: Rolf Düsterberg (Hrsg.), Dichter für das "Dritte Reich", Band 3, Biografische Studien zum Verhältnis von Literatur und Ideologie, ISBN 9783849810795, S. 258f.; zitiert nach Seite „Kuni Tremel-Eggert“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 2. Oktober 2016, 10:25 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Kuni_Tremel-Eggert&oldid=158394060 (Abgerufen: 28. Oktober 2016, 21:09 UTC) </ref>
"Romanheld" ist der mit allen positiven Charaktereigenschaften ausgestattete "Freund Sansibar". Dem gegenüber stehen einerseits die „ahnungslosen“<ref>Siehe Spruch der Spruchkammer Hauptkammer München vom 7.12.1949, Staatsarchiv München SpKa. Karton 339, Blatt 47, 48</ref> Bauern, andererseits die Romanfigur des jüdischen Viehhändlers Ignaz Lauer ("Der Schächtersignaz")<ref>S. 111, 157</ref>, dem alles menschlich Negative und Minderwertige zugeschrieben wird<ref>Siehe Spruch der Spruchkammer Hauptkammer München vom 7.12.1949, Staatsarchiv München SpKa. Karton 339, Blatt 47, 48</ref> . Dieser wird als Vampir der Landbevölkerung bezeichnet, der nur das eine als seinen Lebensinhalt betrachtet, das Volk auszusagen und im Trüben zu fischen. In dem Roman wird "der Jude" weiterhin als Heimatloser<ref>Seite 159</ref>, als "erbärmlicher Feigling"<ref>Siehe Spruch der Spruchkammer Hauptkammer München vom 7.12.1949, Staatsarchiv München SpKa. Karton 339, Blatt 47, 48</ref> und "heimtückischer Mensch"<ref>Siehe Spruch der Spruchkammer Hauptkammer München vom 7.12.1949, Staatsarchiv München SpKa. Karton 339, Blatt 47, 48</ref> geschildert.
Bibliographische Angaben
Autorin: Autor::Kuni Tremel-Eggert
Verlag: Verlag::Franz-Eher-Verlag
Erscheinungsjahr: Erscheinungsjahr::1938 (Das Jahr 1938 war für die Juden in Deutschland "besonders verhängnisvoll und leidvoll"<ref>Siehe auch den Spruch der Spruchkammer Hauptkammer München vom 7.12.1949, Seite 2, Staatsarchiv München SpKa. Karton 339, Blatt 47 ff. sowie https://de.wikipedia.org/wiki/1938#Innenpolitik_und_Judenverfolgung)</ref>, Stichwort "Novemberpogrome 1938". Dies ist im Zusammenhang mit der Tatsache zu sehen, dass sich Kunigunde Eggert noch Mitte 1944 uneingeschränkt zu Nationalsozialismus und ihrem Roman "Freund Sansibar" bekannte.)
Auflagen: 1. Auflage 1-20. Tausend (1938), 2. Auflage 21.-40. Tausend (1939), 3. Auflage 41.-55.000 (1941), 4. Auflage 56.-65.000 (1942)<ref>Berufungskammer für München, Der Berufungshauptkläger, Berufungsschrift vom 26.05.1948, Seite 1, Staatsarchiv München, SpKa. Karton 339 Bl. 33</ref>
Entstehungsgeschichte
Der Roman ist ursprünglich im Jahre 1932 als harmloser Bauernroman unter dem Namen „Die Bäuerin kutschiert“ erschienen und in mehreren Tageszeitungen veröffentlicht worden. Die Autorin hat den Roman dann 1937/1938 umgearbeitet im Sinne der Verherrlichung der Naziherrschaft.<ref>Berufungskammer für München, Der Berufungshauptkläger, Berufungsschrift vom 26.05.1948, Seite 1, Staatsarchiv München, SpKa. Karton 339 Bl. 33</ref>
Kunigunde Eggert als "gelenkte" NS-Propagandautorin (Zitate)
In dem Roman "Freund Sansibar" finden sich insbesondere auf folgenden Seiten Passagen u.a. rassistischen und antisemitisch-hetzerischen Inhalts, die zugleich indizieren, dass sich Kunigunde Eggert als "gelenkte" Propagandautorin aktiv in den Dienst des Nationalsozialismus stellte<ref>vgl.- auch Spruch der Spruchkammer Hauptkammer München vom 7.12.1949, Staatsarchiv München SpKa. Karton 339, Blatt 47, 48</ref>:
11, 130, 131, 157, 159, 191, 231, 285, 301, 329, 330/331, 339, 423, 433, 459, 463/464, 465, 493, 499, 505/506, 506
Noch Mitte 1942 äußerte sich Eggert in einem Artikel des Großdeutschen Leihbüchereiblatts als überzeugte und begeisterte Verehrerin und Mitgestalterin des Nationalsozialismus<ref>Kuni Tremel Eggert erzählt vom Werden und Schaffen. In: Großdeutsches Leihbüchereiblatt. Mitteilungsblatt der Reichsschrifttumskammer für den deutschen Leihbuchhandel 4 (1942) Heft 11, Seite 165, 166</ref>:
"Immer wieder finde ich mich selbst mitten darin, in all dem Geschehen fühle ich in mir die heilige Verpflichtung, zu gestalten, was ich erlebe, mit meinem Wort, in der Art, die mir gegeben ist. Unbeschreiblich ist oft meine Begeisterung und ich spüre die Größe und den genialen Schwung aller Geschehnisse in einer solchen Beglückung, daß es mich ganz von selbst an den Schreibtisch treibt, um festzuhalten, was sich halten läßt, nichts zu verlieren, es weiterzugeben, denen zuerst, die es miterleben und noch mehr denen, die nach uns kommen werden."<ref>Kuni Tremel Eggert erzählt vom Werden und Schaffen. In: Großdeutsches Leihbüchereiblatt. Mitteilungsblatt der Reichsschrifttumskammer für den deutschen Leihbuchhandel 4 (1942) Heft 11, Seite 165, 166</ref>
Zu ihrem Roman "Freund Sansibar führt sie ebenda aus:
"So ist mir nun wieder eine große neue Arbeit geworden. „Freund Sansibar", ein Roman aus unseren Tagen. Es ist ein Roman der deutschen Sehnsucht, des deutschen Kampfes und seiner, mitten aus unserem Volke erwachsenen Erfüllung. Er versucht, bäuerisch-ländliches Geschehen im Banne dieser Zeit festzuhalten, und wählte sich eine Handvoll Männer aus der großen Masse zu seinen Helden. Sie tragen die Fahne des Sieges, lassen sie aus ihrem Glauben emporwachsen ins Licht, — allen Hindernissen zum Trotz. Ich versuche auch hier, wie in der „Barb" immer wieder, den Leser zum Mitgestalten anzuregen und aus dem Kleinen und Kleinsten und anscheinend Nebensächlichen die Schlaglichter auf das große Ganze einzustellen, in der Sprache, die das Volk spricht, in der Art, wie es fühlt<ref>Siehe hierzu auch Seite 499 des "Freund Sansibar":
"Er kennt sie, jeden einzelnen, der Sansibar, und er redet mit Ihnen in ihrer Sprache."
</ref>. So hoffe ich, meine Pflicht zu tun ...."<ref>Kuni Tremel Eggert erzählt vom Werden und Schaffen. In: Großdeutsches Leihbüchereiblatt. Mitteilungsblatt der Reichsschrifttumskammer für den deutschen Leihbuchhandel 4 (1942) Heft 11, Seite 165, 166</ref>
Verbote
In der Sowjetischen Besatzungszone wurde der Roman "Freund Sansibar" auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.<ref>http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-t.html; Quelle:Seite „Kuni Tremel-Eggert“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 30. Oktober 2016, 15:21 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Kuni_Tremel-Eggert&oldid=159208779 (Abgerufen: 31. Oktober 2016, 23:01 UTC)</ref>
Informationen zum Zeitrahmen
Zur zeitlichen Einordnung der Handlung des Freund Sansibar nach dem ersten Weltkrieg ist anzumerken, dass zu diesem Zeitpunkt das Judentum in Europa bereits so gut wie jeglicher Macht entkleidet war<ref>Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft: Antisemitismus. Imperialismus. Totale Herrschaft, Piper Taschenbuch; Auflage: Neuausg. (1. Dezember 1991) ISBN 9783492210324, S. 56</ref>. Nach den Analysen von Hannah Arendt in ihrem Werk Elemente und Ursprünge totalitärer Macht
"konnte das national nicht gebundene, intereuropäische jüdische Element nur Gegenstand allgemeinen Hasses werden wegen seines nutzlosen Reichtums und Gegenstand allgemeiner Verachtung wegen seiner offenbaren Machtlosigkeit."<ref>Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft: Antisemitismus. Imperialismus. Totale Herrschaft, Piper Taschenbuch; Auflage: Neuausg. (1. Dezember 1991) ISBN 9783492210324, S. 56/57 oben</ref>
Der Roman Freund Sansibar wurde von Kunigunde Eggert 1937/1938 in einem Zeitpunkt umgearbeitet, als der Antisemitismus die totalitäre Bewegung der Nationalsozialisten bereits entfesselt hatte. Hannah Arendt sieht jedoch den Zeitraum nach dem Ersten Weltkrieg, in den Kunigunde Eggert die Handlung des Romans Freund Sansibar (zurück) legt, als den Zeitraum an, in dem man sich
"nach den Ursprüngen des Antiseitismus und den Elementen umsehen [müsse], die ihn schließlich für die Entfesselung einer totalitären Bewegung geeignet erscheinen ließen."<ref>Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft: Antisemitismus. Imperialismus. Totale Herrschaft, Piper Taschenbuch; Auflage: Neuausg. (1. Dezember 1991) ISBN 9783492210324, S. 57 oben</ref>
Publikationen
Kunigunde Eggert
- Kuni Tremel Eggert erzählt vom Werden und Schaffen. In: Großdeutsches Leihbüchereiblatt. Mitteilungsblatt der Reichsschrifttumskammer für den deutschen Leihbuchhandel 4 (1942) Heft 11, Seite 165 f., 166
Verlagsanzeigen
- Nationalsozialistische Monatshefte Nr. 107, Februar 1939: "Die Dichterin lässt in diesem Roman die Welt des ostfränkischen Bauern in einem Freskogemälde, das Kraft und Saft besitzt, vor uns entstehen. Die Farben, mit denen sie malt, sind echt, ihre Wirkung bezwingend. Der Mensch und seine Umwelt sind in einer gesunden derben Realistik geschildert, die dennoch irgendwie ins Dichterische gehoben ist"<ref>Zitiert nach https://www.abebooks.de/servlet/BookDetailsPL?bi=16859697267&searchurl=x%3D64%26y%3D14%26sts%3Dt%26sortby%3D17%26tn%3DFreund%2BSansibar - abgerufen am 31.10.2016 um 23:32 Uhr</ref>
Buchbesprechungen während der NS-Zeit
- Heft der SA-Führer, Zeitschrift der SA.-Führer der NSDAP (Heft Nr.12/1938): "Dieses Werk beschreibt in weit ausholenden Schilderungen eine Welt für sich. Das Leben eines ostfränkischen Bauern auf dem Frankenjura und im Tal des oberen Mains rollt vor unseren Augen ab. In der Art, wie er nach uralter Väter Art deutsche Erde betreut, müssen wir erkennen, daß er damit gleichzeitig seinem Volke dient"<ref>Zitiert nach https://www.abebooks.de/servlet/BookDetailsPL?bi=16859697267&searchurl=x%3D64%26y%3D14%26sts%3Dt%26sortby%3D17%26tn%3DFreund%2BSansibar - abgerufen am 31.10.2016 um 23:32 Uhr</ref>
Wikipedia
- Novemberrevolution 1918/19 ("die Revolution")
- Weimarer Republik 1918-1933 (von den Nationalsozialisten "das System" genannt)
- Novemberpogrome 1938
Fachaufsätze
- Bettina Weber, Kuni Tremel-Eggert - die katholische Antisemitin, in: Rolf Düsterberg (Hrsg.), Dichter für das "Dritte Reich", Band 3, Biografische Studien zum Verhältnis von Literatur und Ideologie, ISBN 9783849810795, Seiten 243-275, 258f.
- Alexander Ritter, Zur Causa Andersch: Symptome einer verschwiegenen Adaption
BLOGs
Siehe auch
Fußnoten
<references/>