Popularklage: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 15. Juni 2013, 07:10 Uhr
Überblick
Nach Art. 98 Satz 4 BV hat der Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht verfassungswidrig einschränken. Der 7. Abschnitt des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof (VfGHG), bestehend aus Art. 55 VfGHG, beschäftigt sich mit Popularklagen (Art. 2 Nr. 7 VfGHG).
Danach kann die Verfassungswidrigkeit einer Rechtsvorschrift des bayerischen Landesrechts jedermann durch Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof geltend machen. Er hat darzulegen, dass ein durch die Verfassung gewährleistetes Grundrecht verfassungswidrig eingeschränkt wird. Der Verfassungsgerichtshof hat dem Landtag, der Staatsregierung und den übrigen Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Der Verfassungsgerichtshof kann von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn er eine solche nach der Sach- und Rechtslage nicht für geboten erachtet. Ausfertigungen der Entscheidung sind dem Landtag und der Staatsregierung zuzustellen. Der Verfassungsgerichtshof kann trotz einer Rücknahme der Popularklage über diese entscheiden, wenn er eine Entscheidung im öffentlichen Interesse für geboten hält; er hat über die Popularklage zu entscheiden, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts, deren Rechtsvorschrift angegriffen ist, eine Entscheidung binnen vier Wochen ab Zustellung der Rücknahmeerklärung beantragt. (Art. 55 VfGHG)
Rechtsvorschrift des bayerischen Landesrechts
Vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof überprüfbare Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts können sein:
- ein förmliches Gesetz,
- eine Verordnung oder
- eine Satzung.
Jedermann
- natürliche Personen
- juristische Personen
- des Privatrechts
- des öffentlichen Rechts
Auch Gemeinden können als Gebietskörperschaften (juristische Personen des öffentlichen Rechts) vor dem BayVerfGH Poularklage erheben.
Grundrecht
Eine Gemeinde kann mit der Popularklage eine Verletzung
- ihres Selbstverwaltungsrechts und
- der in Art. 83 Abs. 2 Satz 2 BV gewährleisteten kommunalen Finanzhoheit<ref>(vgl. VerfGH vom 16.12.1992 = VerfGH 45, 157/160 f.; Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2009, RdNr. 59 zu Art. 11)</ref><ref> BayVerfGH, Entscheidung vom 7.10.2011 - Vf. 32-VI-10</ref>
rügen, obwohl diese nach der Rechtsprechung keine Grundrechte darstellen.
Daneben können sich Gemeinden mit der Popularklage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof auch auf eine Verletzung des in Art. 118 Abs. 1 BV enthaltenen Willkürverbots und des in Art. 103 Abs. 1 BV verbürgten Eigentumsgrundrechts berufen<ref>(vgl. VerfGH vom 16.12.1992 = VerfGH 45, 157/160</ref>.
Anmerkung: Hingegen können sich Gemeinden vor dem Bundesverfassungsgericht nach dessen Rechtsprechung als Hoheitsträger nicht auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG mittels Individualverfassungsbeschwerde berufen<ref>BVerfG, Beschluss vom 07.06.1977 - 1 BvR 108/73; 1 BvR 424/73; 1 BvR 226/74 = BVerfGE 45,63</ref>, da .
Normen
- Art. 98 Satz 4 BV
- Art. 55 VfGHG Popularklage
Rechtsprechung
- BayVerfGH, Entscheidung vom 7.10.2011 - Vf. 32-VI-10
- VerfGH vom 16.12.1992 = VerfGH 45, 157
- VerfGH, Entscheidung vom 9.4.1980 - Vf 18-VII-77 = VerfGH 33, 47/62
Publikationen
- Wikipedias Popularklage
- Badura, Grundrechte der Gemeinde, BayVBl. 1989, 1
Fußnoten
<references />