Feuerwehrdienstpflicht: Unterschied zwischen den Versionen

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"Die Feuerwehrdienstpflicht, an die die Abgabepflicht anknüpft, ist mit Art. 3 Abs. 3 GG unvereinbar. Sie gehört ebenso wie die gemeindlichen [[Hand- und Spanndienste]] und die Pflicht zur Deichhilfe zu den nach Art. 12 Abs. 2 GG zulässigen öffentlichen Dienstleistungspflichten<ref>(vgl. BVerfGE 13, 167 [170]; 22, 380 [383])</ref>. Es sind indes keine Gründe festzustellen, die eine Beschränkung der Feuerwehrdienstpflicht auf Männer zwingend erforderlich machen, um Probleme zu lösen, die ihrer Natur nach nur entweder bei Männern oder bei Frauen auftreten.
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"Die [[Feuerwehrdienstpflicht]], an die die Abgabepflicht anknüpft, ist mit Art. 3 Abs. 3 GG unvereinbar. Sie gehört ebenso wie die gemeindlichen [[Hand- und Spanndienste]] und die Pflicht zur Deichhilfe zu den nach Art. 12 Abs. 2 GG zulässigen [[öffentliche Dienstleistungspflicht|öffentlichen Dienstleistungspflichten]]<ref>(vgl. BVerfGE 13, 167 [170]; 22, 380 [383])</ref>. Es sind indes keine Gründe festzustellen, die eine Beschränkung der Feuerwehrdienstpflicht auf Männer zwingend erforderlich machen, um Probleme zu lösen, die ihrer Natur nach nur entweder bei Männern oder bei Frauen auftreten.
 
 
a) Für die herkömmliche Annahme, daß Frauen wegen ihrer körperlichen Konstitution vom Feuerwehrdienst ausgenommen werden dürfen, liegen aus heutiger Sicht keine zureichenden GrünBde vor. Diese ergeben sich namentlich nicht aus den arbeitsmedizinischen Gutachten, auf die sich insbesondere das Innenministerium Baden-Württemberg bezieht. Zwar mögen bestimmte mit dem Feuerwehrdienst verbundene gesundheitliche Gefährdungen bei Frauen aufgrund ihrer körperlichen Konstitution im allgemeinen höher zu veranschlagen sein als bei Männern. Insoweit wird insbesondere darauf verwiesen, daß bei Feuerwehreinsätzen körperliche Belastungen auftreten, etwa durch Rauch, Hitze, Gewicht der persönlichen Ausrüstung sowie Hebe- und Tragetätigkeiten, denen Frauen wegen ihres schwächeren Knochengerüstes sowie ihrer geringeren Muskelmasse und niedrigeren kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit im allgemeinen weniger gewachsen seien. Diese geschlechtsbezogenen Besonderheiten fordern jedoch nicht den generellen Ausschluß der Frauen von der Dienstpflicht. Ihnen kann vielmehr durch eine auf die individuelle Konstitution abstellende Tauglichkeitsuntersuchung Rechnung getragen werden, wie sie die beiden Landesgesetze für Männer vorsehen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 FwG BW, Art. 23 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG).
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a) Für die herkömmliche Annahme, daß Frauen wegen ihrer körperlichen Konstitution vom Feuerwehrdienst ausgenommen werden dürfen, liegen aus heutiger Sicht keine zureichenden Gründe vor. Diese ergeben sich namentlich nicht aus den arbeitsmedizinischen Gutachten, auf die sich insbesondere das Innenministerium Baden-Württemberg bezieht. Zwar mögen bestimmte mit dem Feuerwehrdienst verbundene gesundheitliche Gefährdungen bei Frauen aufgrund ihrer körperlichen Konstitution im allgemeinen höher zu veranschlagen sein als bei Männern. Insoweit wird insbesondere darauf verwiesen, daß bei Feuerwehreinsätzen körperliche Belastungen auftreten, etwa durch Rauch, Hitze, Gewicht der persönlichen Ausrüstung sowie Hebe- und Tragetätigkeiten, denen Frauen wegen ihres schwächeren Knochengerüstes sowie ihrer geringeren Muskelmasse und niedrigeren kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit im allgemeinen weniger gewachsen seien. Diese geschlechtsbezogenen Besonderheiten fordern jedoch nicht den generellen Ausschluß der Frauen von der Dienstpflicht. Ihnen kann vielmehr durch eine auf die individuelle Konstitution abstellende Tauglichkeitsuntersuchung Rechnung getragen werden, wie sie die beiden Landesgesetze für Männer vorsehen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 FwG BW, Art. 23 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG).
  
 
Zudem kommt nach den übereinstimmenden Ausführungen der beiden um Stellungnahme gebetenen Feuerwehrfachverbände dem Aspekt der körperlichen Kraftentfaltung aufgrund der zunehmenden Technisierung und Auffächerung des Aufgabenkreises der Feuerwehr (mit einem geringeren Anteil der Brandbekämpfung und überwiegendem Einsatz bei Unglücksfällen und technischen Hilfeleistungen) keine ausschlaggebende Bedeutung mehr zu. Eventuelle körperliche Defizite, namentlich bei punktuellen oder plötzlich auftretenden Maximalbelastungen, werden danach in der Praxis im allgemeinen durch das Zusammenwirken in der Gruppe ausgeglichen. Gefährdungen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung kann durch eine entsprechende Ausnahme- oder Befreiungsregelung hinreichend Rechnung getragen werden.
 
Zudem kommt nach den übereinstimmenden Ausführungen der beiden um Stellungnahme gebetenen Feuerwehrfachverbände dem Aspekt der körperlichen Kraftentfaltung aufgrund der zunehmenden Technisierung und Auffächerung des Aufgabenkreises der Feuerwehr (mit einem geringeren Anteil der Brandbekämpfung und überwiegendem Einsatz bei Unglücksfällen und technischen Hilfeleistungen) keine ausschlaggebende Bedeutung mehr zu. Eventuelle körperliche Defizite, namentlich bei punktuellen oder plötzlich auftretenden Maximalbelastungen, werden danach in der Praxis im allgemeinen durch das Zusammenwirken in der Gruppe ausgeglichen. Gefährdungen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung kann durch eine entsprechende Ausnahme- oder Befreiungsregelung hinreichend Rechnung getragen werden.

Aktuelle Version vom 17. März 2016, 01:30 Uhr

"Die Feuerwehrdienstpflicht, an die die Abgabepflicht anknüpft, ist mit Art. 3 Abs. 3 GG unvereinbar. Sie gehört ebenso wie die gemeindlichen Hand- und Spanndienste und die Pflicht zur Deichhilfe zu den nach Art. 12 Abs. 2 GG zulässigen öffentlichen Dienstleistungspflichten<ref>(vgl. BVerfGE 13, 167 [170]; 22, 380 [383])</ref>. Es sind indes keine Gründe festzustellen, die eine Beschränkung der Feuerwehrdienstpflicht auf Männer zwingend erforderlich machen, um Probleme zu lösen, die ihrer Natur nach nur entweder bei Männern oder bei Frauen auftreten.

a) Für die herkömmliche Annahme, daß Frauen wegen ihrer körperlichen Konstitution vom Feuerwehrdienst ausgenommen werden dürfen, liegen aus heutiger Sicht keine zureichenden Gründe vor. Diese ergeben sich namentlich nicht aus den arbeitsmedizinischen Gutachten, auf die sich insbesondere das Innenministerium Baden-Württemberg bezieht. Zwar mögen bestimmte mit dem Feuerwehrdienst verbundene gesundheitliche Gefährdungen bei Frauen aufgrund ihrer körperlichen Konstitution im allgemeinen höher zu veranschlagen sein als bei Männern. Insoweit wird insbesondere darauf verwiesen, daß bei Feuerwehreinsätzen körperliche Belastungen auftreten, etwa durch Rauch, Hitze, Gewicht der persönlichen Ausrüstung sowie Hebe- und Tragetätigkeiten, denen Frauen wegen ihres schwächeren Knochengerüstes sowie ihrer geringeren Muskelmasse und niedrigeren kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit im allgemeinen weniger gewachsen seien. Diese geschlechtsbezogenen Besonderheiten fordern jedoch nicht den generellen Ausschluß der Frauen von der Dienstpflicht. Ihnen kann vielmehr durch eine auf die individuelle Konstitution abstellende Tauglichkeitsuntersuchung Rechnung getragen werden, wie sie die beiden Landesgesetze für Männer vorsehen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 FwG BW, Art. 23 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG).

Zudem kommt nach den übereinstimmenden Ausführungen der beiden um Stellungnahme gebetenen Feuerwehrfachverbände dem Aspekt der körperlichen Kraftentfaltung aufgrund der zunehmenden Technisierung und Auffächerung des Aufgabenkreises der Feuerwehr (mit einem geringeren Anteil der Brandbekämpfung und überwiegendem Einsatz bei Unglücksfällen und technischen Hilfeleistungen) keine ausschlaggebende Bedeutung mehr zu. Eventuelle körperliche Defizite, namentlich bei punktuellen oder plötzlich auftretenden Maximalbelastungen, werden danach in der Praxis im allgemeinen durch das Zusammenwirken in der Gruppe ausgeglichen. Gefährdungen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung kann durch eine entsprechende Ausnahme- oder Befreiungsregelung hinreichend Rechnung getragen werden.

b) Gegen die Annahme, daß Frauen für den Feuerwehrdienst wegen ihrer andersartigen Konstitution generell ungeeignet seien, spricht auch, daß Frauen in allen Bundesländern - auch in Baden-Württemberg und Bayern - in größerem Umfang aufgrund freiwilliger Meldung im Feuerwehrdienst eingesetzt werden. Nach den vom Deutschen Feuerwehrverband vorgelegten statistischen Angaben (Feuerwehrjahrbuch 1993/94 S. 320) waren zum Stichtag 31. Dezember 1992 von insgesamt 1.133.620 aktiven Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehren in der Bundesrepublik Deutschland 45.505 weiblich (4,0 vom Hundert). Im Vergleich der einzelnen Bundesländer verzeichnet Bayern mit 9.038 Frauen von insgesamt 346.429 Mitgliedern den nach absoluten Zahlen größten weiblichen Anteil (2,6 vom Hundert); in Baden-Württemberg sind von 113.795 aktiven Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehren 962 weiblich (0,8 vom Hundert). In den neuen Bundesländern ist der Frauenanteil sowohl in absoluten Zahlen (zwischen 2.830 und 6.556) als auch prozentual besonders hoch: in Brandenburg 10,3 vom Hundert, Mecklenburg-Vorpommern 9,2 vom Hundert, Sachsen 11,1 vom Hundert, Sachsen-Anhalt 14 vom Hundert, Thüringen 9,3 vom Hundert. Daß der Frauenanteil insgesamt nach wie vor gering ist, dürfte mit den überkommenen gesellschaftlichen Anschauungen zusammenhängen. Nach den übereinstimmenden Stellungnahmen der Feuerwehrfachverbände, aber auch nach denen anderer Äußerungsberechtigter ist es in der Praxis beim Einsatz gemischter oder reiner Frauenfeuerwehrgruppen zu keinen irgendwie gearteten Problemen gekommen."<ref>BVerfG, Beschluss vom 24.01.1995 - 1 BvL 18/93; 1 BvL 5/94; 1 BvL 6/94; 1 BvL 7/94; 1 BvR 403/94; 1 BvR 569/94 Abs. 66-69</ref>

Rechtsprechung

Siehe auch

Fußnoten

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