Meinungsbildung

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"Die Meinungsfreiheit [ist] als unmittelbarer Ausdruck der Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte; schon das verleiht ihr besonderes Gewicht. Darüber hinaus ist das Grundrecht für die freiheitliche demokratische Grundordnung schlechthin konstituierend, indem es den geistigen Kampf, die freie Auseinandersetzung der Ideen und Interessen gewährleistet, die für das Funktionieren dieser Staatsordnung lebensnotwendig ist<ref>vgl. BVerfGE 5, 85 [205]; 7, 198 [208]</ref>. Nur die freie öffentliche Diskussion über Gegenstände von allgemeiner Bedeutung sichert die freie Bildung der öffentlichen Meinung, die sich im freiheitlich demokratischen Staat notwendig "pluralistisch" im Widerstreit verschiedener und aus verschiedenen Motiven vertretener, aber jedenfalls in Freiheit vorgetragener Auffassungen, vor allem in Rede und Gegenrede vollzieht. Jedem Staatsbürger ist durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG das Recht gewährleistet, an dieser öffentlichen Diskussion teilzunehmen. Die Presse ist neben Rundfunk und Fernsehen das wichtigste Instrument der Bildung der öffentlichen Meinung; die Pressefreiheit genießt deshalb gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG spezifischen Grundrechtsschutz.

Die Tragweite des Grundrechts der Meinungsfreiheit muß gerade auf die in § 193 StGB gebotene Güterabwägung zwischen Ehre und Meinungsfreiheit - falls Gesichtspunkte der öffentlichen Meinungsbildung eine Rolle spielen - einen wesentlichen Einfluß ausüben. Der Bundesgerichtshof trägt dem Rechnung, indem er den Rechtfertigungsgrund des § 193 StGB als eine "Ausprägung" des Grundrechts der freien Meinungsäußerung wertet und die Bedeutung der Bildung öffentlicher Meinung bei seiner Anwendung berücksichtigt<ref>BGHSt 12, 287 [293 f.]</ref> und indem er - abweichend von der früheren Judikatur - die Wahrnehmung öffentlicher Interessen durch die Presse im Hinblick auf deren Funktion im demokratischen Staat als Wahrnehmung berechtigter Interessen im Sinne des § 193 StGB anerkennt<ref>BGHZ 31, 308 [312]</ref>.

Aus dem Gesichtspunkt einer Gegenwirkung, die der in der öffentlichen Meinung erzielten Wirkung entspricht, bestimmt sich auch die dem Grundgesetz gemäße Abgrenzung des strafbaren Exzesses." <ref>BVerfG, Beschluss vom 25.01.1961 - 1 BvR 9/57 = BVerfGE 12, 113; NJW 1961, 819</ref>

Normen

Rechtsprechung

  • BVerfG, Beschluss vom 19.02.1963 - 1 BvR 610/62 = BVerfGE 15, 288 Grundrecht auf Meinungsbildung (GG Art. 5)
  • BVerfG, Beschluss vom 25.01.1961 - 1 BvR 9/57 = BVerfGE 12, 113; NJW 1961, 819
  • BVerfG, Urteil vom 15.01.1958 - 1 BvR 400/51: "Der Beschwerdeführer befürchtet, daß durch Beschränkung der Redefreiheit einem einzelnen gegenüber die Gefahr heraufgeführt werden könnte, der Bürger werde in der Möglichkeit, durch seine Meinung in der Öffentlichkeit zu wirken, allzusehr beengt und die unerläßliche Freiheit der öffentlichen Erörterung gemeinschaftswichtiger Fragen sei nicht mehr gewährleistet. Diese Gefahr besteht in der Tat<ref>(vgl. dazu Ernst Helle, Der Schutz der persönlichen Ehre und des wirtschaftlichen Rufes im Privatrecht, 1957, S. 65, 83-85, 153)</ref>. Um ihr zu begegnen, ist es aber nicht erforderlich, das bürgerliche Recht aus der Reihe der allgemeinen Gesetze schlechthin auszuscheiden. Es muß nur auch hier der freiheitliche Gehalt des Grundrechts entschieden festgehalten werden. Es wird vor allem dort in die Waagschale fallen müssen, wo von dem Grundrecht nicht zum Zwecke privater Auseinandersetzungen Gebrauch gemacht wird, der Redende vielmehr in erster Linie zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen will, so daß die etwaige Wirkung seiner Äußerung auf den privaten Rechtskreis eines anderen zwar eine unvermeidliche Folge, aber nicht das eigentliche Ziel der Äußerung darstellt. Gerade hier wird das Verhältnis von Zweck und Mittel bedeutsam. Der Schutz des privaten Rechtsguts kann und muß um so mehr zurücktreten, je mehr es sich nicht um eine unmittelbar gegen dieses Rechtsgut gerichtete Äußerung im privaten, namentlich im wirtschaftlichen Verkehr und in Verfolgung eigennütziger Ziele, sondern um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage durch einen dazu Legitimierten handelt; hier spricht die Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede."<ref>Abs. 41</ref>

Siehe auch

Fußnoten

<references />